Warum die CDU in Baden-Württemberg wohl aus der Regierung fliegt.

In ihrem einstigen Stammland hat die CDU keine Chance mehr, stärkste Kraft zu werden – aber immerhin stärkste Oppositionspartei.

Es ist diese Zeit des Jahres – die Zeit, in der die ersten Umfragen des Superwahljahres veröffentlicht werden, sich alle darauf stürzen und falsche Schlüsse daraus ziehen. Warum nicht auch ich? Aber in diesem Fall liege ich vermutlich nicht so falsch mit meiner Prognose, dass die CDU Baden-Württemberg dem neuen Parteivorsitzenden und der Union insgesamt den Start ins Superwahljahr ordentlich verhageln wird. Die CDU Baden-Württemberg ist nun schon seit längerem nicht mehr der Motor, sondern das Sorgenkind der Union, und die vergangenen Monate lassen keine Besserung bis zum Wahltag am 14. März erwarten.

Blicken wir einmal zum Vergleich auf die Zahlen der Landtagswahlen der letzten Jahre.

Es gibt eine klare Faustregel: Sind die Menschen mit der Regierungsarbeit im Land und dem/der Ministerpräsident*in zufrieden, dann nützt das am Ende der stärksten Regierungspartei. Dieser Effekt tritt aber erst sehr spät ein. Meist in den letzten zwei Wochen. Durch die Corona-Briefwahl werden sich die Menschen dieses Mal vermutlich etwas früher mit der Lage im eignen Land auseinandersetzen –  aber der Effekt wird wohl der gleiche sein. Im Land zählt Landespolitik – nicht Bundespolitik.

Beispiele:

Hamburg 2020: 6-Wochen-Entwicklung

Infratest am 9.01.2020: SPD 29%, Grüne 29%.
Vorsprung SPD: 0%
Ergebnis am 23.2.2020: SPD 39,2%, Grüne 24,2%
Vorsprung SPD: 15%

Brandenburg 2019: 10-Wochen-Entwicklung

Infratest am 11.6.2019: SPD 18%
Ergebnis am 1.9.2019: SPD 26,2% Zugewinn: 8,2%

Niedersachsen 2017: 5-Wochen-Entwicklung

Infratest am 7.9.2017: SPD 32%, CDU 37%.
Rückstand SPD: 5%
Ergebnis am 15.10.2017: SPD 36,9%, CDU 33,6%.
Vorsprung SPD: 3,3%

Rheinland-Pfalz 2016: 8-Wochen-Entwicklung

Infratest am 14.1.2016: SPD 31%, CDU 37%.
Rückstand SPD: 6%
Ergebnis am 13.3.2016: SPD 36,2%, CDU 31,8%.
Vorsprung SPD: 4,4%

Wichtig: Es geht hier nicht um falsche Umfragen!
Die Umfragen haben sich Richtung Wahltag auch immer weiter dem Endergebnis angeglichen. Es geht darum: Wo stehen wir heute, 8-9 Wochen vor der Wahl und wo standen diese Rennen 8 bis 9 Wochen davor?

Alle Siege haben eines gemeinsam: Es gab eine hohe Zufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung und sehr gute Direktwahlwerte der Amtsinhaber*innen. Das unterscheidet sie deutlich von den Wahlen, die nicht gewonnen wurden: Dort gab es hohe Unzufriedenheit und auch keine überragenden Werte in der Direktwahlfrage.

Zurück nach Baden-Württemberg.

Hier haben wir folgende Daten:

INSA vom 13.1.2021: Grüne 30%, CDU 30%
Infratest 17.12.2020: Grüne 35%, CDU 30%

Die Zufriedenheit mit der Landesregierung ist sehr hoch – Baden-Württemberg liegt mit Bayern und Rheinland-Pfalz in den Top 3. Es sind übrigens auch die drei Bundesländer mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit Deutschlands.

Alleine das reicht schon, um klar zu sagen: Das Rennen um Platz 1 ist gelaufen.

Aber obendrauf kommen noch weitere Probleme für die CDU Baden-Württemberg:

  1. Die Entscheidung über den CDU-Parteivorsitz.

Nach der Entscheidung um den CDU-Parteivorsitz gibt es für die CDU Baden-Württemberg nur zwei mögliche Ergebnisse:

Entweder der in mehreren Interviews von Frau Eisenmann und der CDU Baden-Württemberg zum Lieblingskandidaten erklärte Friedrich Merz gewinnt: Dann wird die CDU insgesamt eine Debatte über den Rechtsruck der Partei bekommen und auch mit besonderem Augenmerkt auf die traditionell erzkonservative Südwest-CDU. In diesem Fall erwarte ich einen Fallout der bisherigen auch in Baden-Württemberg vorhandenen Merkel-Wähler*innen in Richtung Grüne, FDP und in geringerem Maße auch an die SPD. Oder der Lieblingskandidat von Frau Eisenmann verliert und die CDU muss sich auch in Baden-Württemberg mit enttäuschten Mitgliedern und Wählern am rechten Rand auseinandersetzen.

Wie die CDU in Baden-Württemberg in dieser Gemengelage profitieren sollte, erschließt sich mir nicht.

  1. Das Potential der CDU

Es ist – immer gemessen an früheren Zeiten – bescheiden. Bevor sich das Corona-Management der Bundesregierung und besonders der Bundeskanzlerin in den Umfragen für die CDU niederschlug, sah es in Baden-Württemberg so aus:

Infratest am 12.3.2020:
CDU: 23%, Grüne 36%, SPD 11%, FDP 9%, AfD 14%, Linke 5%

An diesem Stand sehen wir, dass das Potential der Südwest-CDU für die Landtagswahl mit heute 30% am deutlich oberen Ende ihrer Möglichkeiten liegt, während die Grünen noch Luft nach oben haben (bis zu 38%-39%). Die CDU hat noch sehr viel Luft nach unten. Es gab in dieser Umfrage außerdem bereits 47% für ein mögliches Zweierbündnis Grün/Rot.

  1. Warum sollte Kretschmann ausgerechnet mit der CDU weiter regieren wollen?

Selbst die Grünen haben in mehreren Statements deutlich gemacht, dass sie die CDU an vielen Stellen für einen Bremsklotz dieser Regierung halten. Das gilt natürlich für die Klimapolitik, aber auch für die tradierte Bildungspolitik der CDU, deren plumpe Dieselpolitik anstelle eines vernünftigen Transformationsprozesses und dem rückständigen gesellschaftspolitischen Bild der Südwest-CDU. Kretschmann wird ohne die CDU weiter machen wollen. Wenn es reicht im Zweierbündnis mit der SPD oder einer Ampel.

  1. Frau Eisenmann.

12% der Baden-Württemberger*innen würden sie laut Insa in einer Direktwahl wählen. Gemessen an der aktuellen Zustimmung zu ihrer Partei von 30% zieht Frau Eisenmann zu minus 18%.

Fazit:

Die Wählerinnen und Wähler in Baden-Württemberg entscheiden am 14. März nicht mehr über die Frage, wer Ministerpräsident sein wird. Diese Frage ist auf Basis aller vorliegenden Daten entschieden. Die Grünen werden klar stärkste Partei werden. Der nächste Ministerpräsident ist der alte.

Die Wählerinnen und Wähler in Baden-Württemberg entscheiden am 14. März darüber, wer sie mit Winfried Kretschmann gemeinsam regiert. Es sieht nicht gut aus für die CDU.

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Deutschland selig Spritzenland

Es ist fast ein Wunder: Weniger als ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie stehen Impfstoffe zur Verfügung und Deutschland gehört zu den glücklichen Ländern der Erde, in denen die ersten Menschen bereits geimpft wurden. Ein Grund zu Freude, sollte man meinen.

Aus Krisen kann man lernen – oder es sein lassen. Lernen ist besser.

In der aufgewühlten und auch oft unüberschaubaren Zeit der großen Flüchtlingsbewegungen 2015/2016 blickten viele Menschen auf die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin. Und die Bundeskanzlerin machte deutlich: „Wir schaffen das!“ Sie machte damit auch den vielen Bürgerinnen und Bürgern Mut, die sich spontan in der Flüchtlingshilfe engagierten, die Kleidung, Spielzeug und Geldspenden sammelten oder Sprachunterricht anboten. Es war ein gewaltiger Kraftakt, aber durch Jammern und Zetern hat noch niemand etwas bewegt.

Und dann kam Horst Seehofer, damals noch Ministerpräsident Bayerns und Vorsitzender der CSU, immerhin einer Regierungspartei in Bund und Land. Er bot ein Bild des Jammerns. Er sprach von „Kapitulation des Rechtsstaates“, einer „Herrschaft des Unrechts“, von „Maßnahmen zur Notwehr“ und mahnte: „Das Regierungsbündnis ist in einer ernsten Lage“. Alles Worte der Hilflosigkeit, der Destruktion, der Überforderung und schlichtweg Panik.

Erst als mit Seehofer ein politisches Schwergewicht begann, den Eindruck von Kontrollverlust und Chaos zu verbreiten, verloren auch immer mehr Menschen ihr Vertrauen in die zerstrittene Bundesregierung – bis irgendwann die ganze Koalition in den Umfragen nach unten durchgereicht wurde.

Das Ergebnis ist bekannt. Seehofer verlor erst sämtliche Sympathien, dann den Parteivorsitz, die Spitzenkandidatur und das Amt des Ministerpräsidenten an seinen Erzfeind Markus Söder. Bis September bezieht er noch sein Gnadenbrot als weitgehend ignorierter Bundesinnenminister. Gewonnen hat nur die Konkurrenz – auch die von ganz rechts außen.

Heute kämpft die ganze Welt gegen ein Virus, das schon zu viele Opfer gekostet und zu viel Leid über die Menschheit gebracht hat.

Aber – man muss es schon fast ein Wunder nennen – weniger als ein Jahr nach Ausbruch des Virus stehen gleich mehrere Impfstoffe zur Verfügung. Der erste wird schon verimpft – obwohl er schwer herzustellen, zu transportieren und zu lagern ist. Andere Impfstoffe werden folgen.

Deutschland gehört zu den gesegneten Ländern, in denen dieser Impfstoff bereits vorhanden ist. Kurz zur Erinnerung: Auf der Welt leben 7,8 Milliarden Menschen.

In Deutschland werden in den nächsten Monaten alle Menschen ein Impfangebot bekommen. Es gibt Impfzentren, fliegende Impfteams für Pflegeheime, Telefon-Hotlines, Online-Registrierungen und es geht vor allem los!

Am vergangenen Samstag stellte ich mir etwas Essen und Trinken bereit, um über die Hotline einen Impftermin für meine 89-jährige Mutter zu organisieren. Ich erwartete etwas wie die IKEA-Hotline – also das komplette Desaster.

Anders als bei IKEA hätte ich auch Verständnis gehabt, wenn es nicht auf Anhieb geklappt hätte, denn wie gesagt: Wir sind inmitten einer weltweiten Pandemie und es ist ja nicht so, dass die Gesundheitsämter, Kommunen und Einsatzkräfte nicht bereits genug zu tun hätten.

Nach zweimal Klingeln hatte ich einen echten Menschen am Telefon und zehn Minuten später zwei Impftermine für meine Mutter.

Nun bricht eine Debatte darüber aus, ob Deutschland beziehungsweise die EU denn auf Anhieb genug von dem richtigen Impfstoff geordert hat (im Grunde war es ja eine große Wette) und ob alles nicht noch schneller gehen könnte.

Vielleicht könnte manches ein wenig schneller gehen, wenn man als Land ein egoistisches Arschloch sein will, das mit Ellbogen und überteuertem Einkauf allen anderen den Impfstoff wegschnappt. Aber das sind wir ja zum Glück nicht.

Wir haben mit der EU eine offenbar recht verhandlungsstarke Einkaufsgemeinschaft gebildet, die bei unterschiedlichen Herstellern zu im internationalen Vergleich recht günstigen Konditionen ausreichend Impfstoff für die Mitgliedstaaten geordert hat. Dazu gehört auch der Biontech/Pfizer-Impfstoff, von dem wir den Anteil erhalten, der uns als Einkaufsgemeinschaft zusteht.

Einige wenige andere Länder haben zu offenbar schlechteren Konditionen mehr von diesem spezifischen Impfstoff bestellt, dafür von anderen weniger. Auf der Strecke gleicht sich das aus. Und die Strecke war von Anfang an klar: mindestens 2021 wird das ganze Jahr durchgeimpft werden müssen. Die einen kommen früher dran und die anderen später.

Nur zur Erinnerung: Der Impfstoff, den wir in der EU gerade nicht sofort bekommen, den bekommen andere Menschen, die auch darauf warten. Er verfällt nicht. Er wird woanders geimpft. Es kann so kurz nach der Entwicklung einfach nicht mehr produziert werden.

Und bei einer weltweiten Pandemie macht es auch Sinn, dass möglichst überall geimpft wird. Und wenn in einzelnen Ländern gerade kurzfristig mehr geimpft werden kann, dann ist das eben so. Häufig haben diese Länder auch noch mehr Druck, weil sie schon viel schlimmere Monate hinter sich haben als wir. Der Impfstoff ist nicht weg – er ist nur woanders.

Ich bin jeden Tag dankbar dafür, dass es überhaupt einen Impfstoff gibt, dass auch in Deutschland geimpft wird, dass meine Mutter bald geimpft werden kann und bald auch neuer Impfstoff von anderen Herstellern auf den Markt kommt, der auch noch einfacher zu handhaben sein wird.

Und ich danke ausdrücklich allen, die sich rund um die Uhr den Hintern aufreißen, damit so schnell als möglich so viele Menschen wie möglich geimpft werden können. In Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt.

Allen, die jetzt am Dauernörgeln sind, weil nicht am ersten Tag alles tipptopp läuft rate ich: Vielleicht nutzt ihr die Zeit lieber, um mal in der Nachbarschaft oder der weiteren Familie zu schauen, ob ihr vielleicht einem alten Menschen den Termin und die Fahrt zum Impfzentrum organisieren könnt. Dann seid ihr beschäftigt und könnt noch etwas Gutes tun.

Ansonsten heißt es für uns alle, die wir noch warten müssen: Abstand halten, Maske auf, Hände waschen und sich drüber freuen, dass es einen Impfstoff gibt der an uns alle verteilt wird.

Und was die Politker*innen angeht, die denken, dass man daraus jetzt irgendwie Kapital schlagen muss, dass es hier und da in Bund oder Land klemmt oder Mecklenburg-Vorpommern 12 Impfdosen mehr bekommen hat als Hessen (Beispiel erfunden! Nicht anrufen!), sei gesagt: Wollt ihr enden wie Seehofer? Ich denke nicht.

 

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Schützt die Liebenden.

Was für eine absurde Debatte gerade entspringt. Sollen Corona- geimpfte mehr Freiheiten genießen als andere? Aber selbstverständlich! Legt los! Lebt wieder und genießt es. Ich gönne es euch!

Eines vorweg. Ich bin blutjung (55 – wird auch mit Zahlendreher nicht besser) und liebe mein volles, lockiges Haar im Sommerwind. Vor allem ersteres bedeutet, dass ich irgendwann hoffentlich vielleicht gegen Ende des Jahres 2021 gegen Corona geimpft werde.

Und daher fühle ich mich berechtigt zu sagen:

Ihr, die Ihr vor mir geimpft werdet: Ich gönne euch alles! Wirklich alles!

Geht und freut euch am Leben!

Geht und zeigt stolz euren Impfpass!

Geht in die Restaurants, die so lange auf euch gewartet haben!

Reist sorglos in alle Welt und erfreut die Menschen dort, die sich auf euch freuen!

Besucht Verwandte und Freunde, trinkt einen guten Wein auf das Wiedersehen!

Setzt euch in Züge, Flugzeuge, Schiffe, Busse, Raketen, Hyperloops, Taxen, Riesenräder, Autoscooter und Ubers. Sie haben auf euch gewartet.

Lasst euch die Haare schneiden, Tattoos stechen, manükieren… tindert, grindrt, datet, parshipped, whatever.

Aber vor allem: geht in Konzerte, Theater, Open-Airs, Kinos, Konzerte, Musicals, Clubs, Museen… auch wenn ihr zuvor schon lange nicht mehr aus wart. Macht es! Ihr werdet geliebt werden von allen auf und hinter der Bühne.

Lebt! Ich liebe euch dafür! Ihr habt es verdient! Denn ihr habt auch am meisten gelitten unter Besuchsverboten oder weil ihr euch rund um die Uhr krumm gemacht habt in Hospitälern, Seniorenheimen, häuslicher Pflege oder bei unseren Rettungskräften.

Ich empfinde keinen Neid – nur Freude.

Und ich möchte auch allen PolitikerInnen Mut machen.

Stärkt nicht die Rücksichtslosen.

Stärkt die Rücksichtsvollen.

Stärkt die Liebenden, nicht die Gleichgültigen oder gar die Hassenden.

Macht Politik für die überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Land!

Stärkt die, die sich impfen lassen!

Macht nicht Politik für die Rücksichtslosen, die sich nicht impfen lassen wollen und schon heute die Drogerie betreten, am Eingang mit einem „Attest“ wedeln und ohne Maske der Verkäuferin ins Gesicht grinsen. Der Verkäuferin, die sich das gefallen lassen muss, weil sie zu Hause zwei Kinder sitzen hat und die die Sorge plagt, dass der Mensch vor ihr sie ansteckt und sie dann ihre Kinder und diese dann andere Kinder oder gar sie selbst ihr Mutter ins Grab bringt wegen des Maskenlosen vor ihr, der mit seinem Attest wedelt und dem man ansieht, dass er die fünf Minuten Einkauf in der Drogerie mit Sicherheit auch mit Maske überleben würde – nur sie vielleicht nicht – oder ihre Mutter – oder die Oma der Kinder die ihre Kinder anstecken würden, sollte sie selbst heute Abend mit dem Virus in sich nach Hause kommen, die ihr der Mensch ohne Maske aber mit Fake-Attest übertragen hat noch dazu mit einem feisten, überlegenen Grinsen im Gesicht und der sich mit absolut 100%-iger Sicherheit nicht impfen lassen wird.

Für die Maskenlosen macht Ihr Politik und extra-schnelle Gesetze?

Nein, das macht ihr nicht.

Ich bin mir sicher – Ihr wollt das eigentlich auch nicht.

Dieses Land hat Jahrzehnte (und zuvor Jahrhunderte) gebraucht, um Frauen, Behinderte, Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Religion und sexueller Orientierung vor Diskriminierung zu schützen. Und jetzt liegt ein Express-Fall vor, um Impfgegner zu schützen? Menschen, die andere bewusst in Lebensgefahr bringen?

Ihr wollt extra Gesetze erlassen, um Leute zu schützen, die im Jahre EINS nach Ausbruch der Pandemie keine Regeln einhalten und fröhlich die Maske unter der Nase und das Hirn unter der Hose tragen und sich auch weigern werden, sich aus Solidarität mit anderen impfen zu lassen?

Diese Menschen kennen keine Solidarität, keine Empathie und auch keine Rücksicht. Man muss sie nicht bestrafen, man darf sie aber auch nicht fördern. Es wird aber ernsthaft diskutiert, diejenigen zu bestrafen, die sich impfen lassen – und diejenigen zu fördern, die es ablehnen, sich impfen zu lassen?

Niemand soll zu Impfung gezwungen werden. Aber diese Menschen müssen mit den Konsequenzen leben. Mit der Konsequenz, dass Airlines Geimpfte ohne Test befördern und sie eben nur mit frischem PCR-Test einsteigen dürfen. Mit der Konsequenz, dass Drogerien, Restaurants, Einkaufscenter, Kreuzfahrtschiffe, Konzertveranstalter und viele mehr von ihnen einen aktuellen Test verlangen und von den geimpften Gästen oder Kunden nicht. Und ja – das ist gerecht.

Damit die Welt wieder ein Leben in Freiheit führen kann.

Damit Menschen wieder unbesorgt Konzerte, Opern, Open-Airs, Fußballspiele und von mir aus auch Monster-Truck-Rennen besuchen können.

Damit man im Zug nicht immer Sorge vor demjenigen haben muss, der stundenlang trinkt und isst, damit er nur die Maske nicht aufsetzen muss.

Damit man im Flugzeug nicht immer die Quasselstrippe im Nacken fürchten muss, der auch in Corona-Zeiten nicht mal für eine Stunde seine Klappe halten kann aus der sowieso nur Belanglosigkeiten und Aerosole herausströmen.

Damit Hunderttausende wieder ihrer Arbeit nachgehen können, ihren Laden eröffnen, ihr Restaurant mit Gästen füllen und ihr Hotel wieder Leben, Freude, Fremde und Gastfreundschaft beherbergt.

Und damit Kinder sorgenfrei (außer vor der Matheklausur) in die Schule, in die Kita oder in den Ausbildungsbetrieb oder die Uni gehen können.

Was um Himmels Willen ist daran falsch?

Warum führen wir eine Debatte zum Schutze der letzten Rücksichtslosen, während die überwältigend große Mehrheit der Menschen (und Wählerinnen und Wähler) sich nichts sehnlicher herbeiwünscht als den Pieks in den Arm, der den Albtraum beendet.

Schafft den Impfstoff bei und unterstützt die, die sich impfen lassen.

Macht Politik für unser Land – nicht für seine Gegner.

Liebt das Leben und schützt die, die auch andere Menschen lieben und nicht nur sich selbst. Schützt die Liebenden.

 

 

 

 

Das Mega-Giga-Supersexy-Superwahljahr kommt!

Nur ein paarmal werden wir noch wach – heißa, dann ist Wahlzeit! Zugegeben, es war etwas ruhig auf diesem Blog – aber seit der Wahl in Hamburg vom 23. Februar ist ja auch nichts Nennenswertes passiert. Dafür kommt’s 2021 knüppeldick. Baden-Württemberg (März), Rheinland-Pfalz (März), Berlin (Herbst), Mecklenburg-Vorpommern (Herbst), Thüringen (hmm … wann eigentlich?), Sachsen-Anhalt (Juni), eine Pandemie und eine Bundestagswahl obendrauf – welch ein Fest für Spekulationen! Lasst uns beginnen!

Wenn das überstrapazierte Wort jemals Sinn ergab, dann kann man es jetzt anwenden: Die Corona-Pandemie verdient auf jeden Fall die Bezeichnung Disruption. Mehr Disruption war nie. Es ist müßig aufzuzählen, was sich bereits verändert hat, denn wir erfahren es alle gleichzeitig. Ob arm, reich, männlich, weiblich, alt, jung, doof oder gescheit: Die Gleichzeitigkeit der Veränderung ist klassenlos. Die Folgen werden es nicht sein. Aber dazu später.

Dafür, dass sehr viele – und vor allem männliche Journalisten in der Spätblüte ihres Testosteronhaushaltes – die Bundeskanzlerin noch ungefähr bis Mitte Februar lautstark des Platzes verweisen wollten und ihre eigene Partei nicht nur sie als Parteivorsitzende, sondern auch gleich ihre Nachfolgerin mit abgesägt hat, steht Frau Merkel zur Zeit ja doch recht gut da. Man könnte sogar sagen: besser denn je, beliebter denn je und klarer in ihren Ansagen denn je.

Und das hat natürlich Folgen: Die Union notiert in den Umfragen mit 38 % gute 10 Prozentpunkte über ihrer Vor-Corona-Marke, die Grünen sind stark, aber nicht mehr so stark, die SPD dümpelt, und die anderen bemühen sich.

Der volatile Stand der Umfrageentwicklung macht vor allem eines deutlich: Der Austausch fand hauptsächlich zwischen den Grünen und der Union statt. Zu Lasten der Grünen. 2020 war bisher noch kein sehr gnädiges Jahr für die einstige Ökopartei, die heute so viel mehr auf einmal sein will. In Hamburg wurde man im Februar nicht, wie angestrebt, die Nummer 1, sondern verwandelte innerhalb von sechs Wochen einen Gleichstand in den Umfragen in einen 15-Prozentpunkte-Rückstand am Wahltag. Und auch in der Pandemie hörte man selten den Ausruf: „Wenn jetzt nur der Habeck Kanzler wäre – dann liefe das alles besser!“

Der „Rally around the Flag“-Effekt, den viele Landesregierungen, aber vor allem die Bundesregierung, derzeit erfährt – also hohe Zustimmung in Zeiten der Krise – ist dabei keineswegs selbstverständlich – wie der Blick über den Tellerrand in viele andere Länder der Welt zeigt. Und an der Spitze dieser Bundesregierung steht seit 2005 Angela Merkel in ihrer dritten großen Krise nach dem Finanzmarkt-Crash um 2009 und der Flüchtlingsfrage ab 2015. Und die Leute lieben sie genau für diese konzentrierte Arbeit, die man weltweit von ihr gewohnt ist.

Ebenfalls zum Wohle der ganzen Union, aber natürlich vor allem der CSU, macht Markus Söder das, was er am besten kann: Gutes für Markus Söder. Das Ehrliche an ihm ist, dass man sich bei Söder nie fragen muss: Macht er das für das Land oder für sich? Da gibt es nie einen Zweifel. Das schafft Berechenbarkeit und Klarheit. Und der Erfolg gibt ihm in diesem Falle recht, da zufällig beides zusammenfällt. Es ist gut für das Land und es ist gut für Söder. Den Unterschied zur Kanzlerin erkennt man daran, dass er die Öffentlichkeit ungefähr im Faktor 378 im Vergleich zu Merkel sucht – und vor allem immer zwischen drei Stunden und fünfzehn Minuten vor den anderen Ministerpräsident*innen.

Nun stellen sich drei große Fragen in Bezug auf das Superwahljahr 2021:

1. Geht das alles einigermaßen glimpflich aus für das wirtschaftliche und soziale Gefüge in diesem Land?

2. Wie reagieren die Menschen ab dem CDU-Parteitag im Januar, wenn ihnen aufgeht, dass sie 2021 nicht ihre geliebte Kanzlerin wählen können, sondern entweder Merz, Laschet oder Röttgen? Vorausgesetzt natürlich, die CDU schafft es im dritten Anlauf, ihren Bundesparteitag tatsächlich stattfinden zu lassen.

3. Was machen die anderen aus der Lage?

Stand heute ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Menschen im Herbst 2021, wenn sie die Wahl zwischen Friedrich Merz oder Armin Laschet und Robert Habeck haben, Olaf Scholz wählen.

Und da wären wir bei dem zweiten großen Gewinner des Jahres. Ein ebenso bereits vielfach abgeschriebener Vizekanzler, der aber im Gegensatz zu seiner Chefin nie seinen Rückzug angekündigt und auch nie eine Kandidatur ausgeschlossen hat. Wofür er heftig kritisiert wurde und was wieder einmal beweist, dass er einfach sehr viel schlauer ist als andere. Gut, dass er das so gut verbergen kann.

Nun wird Olaf Scholz auch 2021 Olaf Scholz sein und die Frage ist, ob das für die Strecke bis Herbst 2021 reicht. Was für Scholz spricht ist, dass Armin Laschet auch Armin Laschet, Friedrich Merz Friedrich Merz und Robert Habeck Robert Habeck bleiben werden. Das scheint eine lösbare Aufgabe zu sein. Vieles hängt sowieso vom weiteren Verlauf der Krise nach der Krise ab.

Habeck hat sich in der Krise bisher als völlig überfordert erwiesen, da man in diesem Fall nicht mit der halbtheoretischen Durchdringung einer vollkomplexen Materie punkten konnte, sondern nur durch Handeln. Das ist nicht seins. Das Comeback wird verhalten ausfallen, sollte nicht noch der Bodensee vor dem Herbst 2021 trockenfallen.

Armin Laschet hat seine Portion Glück mit der überraschenden Wahl zum Ministerpräsidenten von NRW 2017 eigentlich für die nächsten 300 Jahre aufgebraucht. Er gewann damals mit dem zweitschlechtesten Ergebnis der CDU in der Geschichte Nordrhein-Westfalens (33 %). Das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte hatte vier Jahre zuvor Norbert Röttgen eingefahren (26,3 %). Bis zum aktuellen Pandemie-Plus der CDU verharrte Laschet mit der CDU nach seiner knappen Wahl auch in den Umfragen zwischen 28 und 32 %. Danach segelte auch er auf dem Merkel-Bonus mit bis zu 40% in den NRW-Umfragen – nur um jetzt wieder bei den 33% Ausgangslage angekommen zu sein.

Seine derzeitige Positionierung als rheinisches Pandemie-Rumpelstilzchen scheint wenig zu beeindrucken. Röttgen überwassert derweil auf dem Rettungsring, den ihm Laschet durch ein paar ungeschickte Handgriffe unfreiwillig zugeworfen hat, und kann noch einmal nach Luft schnappen. Friedrich Merz hat als Spitzenkandidat wiederum noch nie eine Wahl gewonnen oder verloren, weil er sich noch nie einem Wahlkampf gestellt hat. Oder korrekter: weil ihn noch nie jemand aufstellen wollte. Seine bisherigen Äußerungen nach dem vorläufigen Ende des vorzeitigen Ruhestandes lassen wenig Hoffnung aufkommen, dass er seine Auszeit für Fortbildungsmaßnahmen genutzt hat. Eher plump als elegant versucht ausgerechnet er, sich jetzt den Grünen anzubiedern.

Im Kandidatenfeld der CDU gilt Merz zu Recht als rechts und auch ein bisschen unmodern. Röttgen und Laschet trennt inhaltlich eigentlich nur, dass sie sich nicht ausstehen können. Auf dem Papier würde also Laschet als amtierender MP des größten Bundeslandes mit einem eher liberalen Profil am ehesten als der Kandidat gelten, der von dem aktuellen Merkel-Plus am meisten für die CDU herüberretten könnte.

Wenn da nicht noch Olaf Scholz wäre. Zweifelsohne wäre niemand besser auf das Kanzleramt vorbereitet als er. Ehemaliger Arbeits- und Sozialminister, zweimal höchst erfolgreich gewählter Länderchef (einmal mit absoluter Mehrheit, einmal knapp darunter), amtierender Finanzminister und Vizekanzler mit Spitzenwerten in allen aktuellen Umfragen. Und übrigens auch schon mit beständig guten Werten vor der Pandemie.

Sollte es Deutschland im internationalen Vergleich einigermaßen gut aus der Krise schaffen, bliebe dennoch genug zu tun, um deren Folgen zu managen. Man muss kein Prophet sein, um dann zu erwarten, dass eine Mehrheit der Deutschen gerne einen erfahrenen, sozialen und liberalen Mann an der Spitze der Republik sehen würde. Einen männlichen Merkel, sozusagen. Das wäre zwar vielen professionellen Beobachtern zu langweilig, aber das hat ja zum Glück noch nie jemanden jenseits der Blase interessiert.

Da die SPD zwar heute keine besonderen Umfragewerte verzeichnet, müsste der OH-MEIN-GOTT-ICH-KANN-DIE-MERKEL-JA-GAR-NICHT-MEHR-WÄHLEN-Effekt mit gut 6 bis 7 Prozentpunkten auf Scholz und die SPD einzahlen, um bei 23 bis 24 % zu landen. Das wären mehr als Schulz 2017, aber auch weniger als Steinbrück 2013 und erscheint damit machbar. In Hamburg lag der Scholz-Bonus im Vergleich zu seiner Partei bei rund 10 Prozentpunkten. Kommt die Post-Merkel-Union auf rund 28 % (-4,5), die Grünen auf 20+X, kann es mit Schmackes sogar für RotGrün reichen, da die FDP in dieser Gemengelage durchaus aus dem Bundestag fliegen kann. Aber auch die Ampel könnte im Frühjahr in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg eine Renaissance erfahren. Die FDP ist ja die institutionalisierte Jo-Jo-Diät in der deutschen Parteienlandschaft. Sollte sie bis zu den Wahlen auch noch eine politische Linie finden, wäre die Ampel durchaus ein Szenario. Es setzt, wie gesagt, einen eher milden Verlauf der wirtschaftlichen Krise voraus. Fällt diese aber heftiger aus, kann es auch einen Ruf geben, dass jetzt die Karten ganz neu gemischt werden wollten. Das wäre aber sicher auch kein Plus für die Grünen, für die, außer bei Umweltkrisen, keine Kompetenzvermutung vorhanden ist.

Und dann gibt es ja auch noch Markus Söder. Er hat nach seiner Klatsche bei der Bayrischen Landtagswahl (-10 Prozentpunkte auf knapp 37 %) zwar dazugelernt – aber vermutlich spielt er gerade sowieso nur. Als Political Animal macht es ihm einfach großen Spaß, als Kanzlerkandidat gehandelt zu werden. Man munkelt, er wäre nicht gänzlich uneitel.

Die SPD ist natürlich auch immer gut für Überraschungen. Selten für positive. Ihr großer Vorteil dieses Mal ist, dass sie schon komplett aufgestellt ist: Neue Parteiführung, moderner Generalsekretär und eine ausreichende Vorlaufzeit, um die Wahlen mit einem eingespielten Team professionell vorzubereiten. Bei der CDU gibt es dagegen bis Januar und danach nur Unruhe, Unsicherheit und möglicherweise auch noch weitere Verwerfungen, die bereits Merkel in den Verzicht und Kramp-Karrenbauer ins Aus getrieben haben. Sachsen-Anhalt aber auch Thüringen haben großes Sprengstoffpotential für die Wählbarkeit der CDU im Westen. Ohne Merkel und den falschen Kandidaten muss da bei 27 % nach unten noch nicht die Grenze liegen.

Zum Auftakt des Superwahljahrs stehen gleich zwei Kracher auf dem Spielplan. In Baden-Württemberg verteidigt ein konservativer Ministerpräsident gegen seine erzkonservative Koalitionspartnerin und in Rheinland-Pfalz eine Sozialdemokratin gegen jemand anderes. Zwei weit über ihre Parteien strahlende Amtsinhaber*innen, die bei ihrer Wiederwahl vor allem einer Partei den Auftakt zum Superwahljahr ordentlich verhageln würden: der CDU. Darauf folgen dann Thüringen und Sachsen-Anhalt – die beiden CDU-Landesverbände mit der höchsten AfD-Nähe. Auch das wird interessant.

Soweit für heute. Der CDU steht ein heißes Frühjahr bevor, auch wenn sie natürlich als große Favoritin für die Bundestagswahl ins Superwahljahr startet. Die SPD und Scholz haben sich eine Underdog-Position erarbeitet, was mehr ist als keine, die Grünen werden den Stresstest bestehen müssen, den sie noch nie bestanden haben und die anderen sind auch noch da.

Ich habe den Eindruck, es werden jetzt in kürzeren Abständen Blogbeiträge folgen.
Es wurde ja auch Zeit, dass endlich wieder was passiert …

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