Die Würfel fallen noch.

Die Bundestagswahl 2021 schreibt jetzt schon Geschichte – eine strategische Einordnung von Richel, Stauss.

Es ist kompliziert. Und deshalb der Beitrag auch lang. Für Schnellleser hier das Executive Summary: Es ist kompliziert. Details dann hier:

Das gab es noch nie. Eine Bundestagswahl, bei der die/der Amtsinhaber*in nicht mehr antritt, aber bis zur letzten Stunde noch regiert. Eine Union mit zwei Kanzlerkandidaten – einem offiziellen und einem inoffiziellen. Eine Bundestagswahl, bei der noch nicht von vorneherein feststeht, dass das Kanzleramt entweder an die CDU oder die SPD geht. Und noch eine Pandemie obendrauf. In jedem Fall beobachten wir Geschichtsschreibung live, bevor auch nur ein Mensch gewählt hat. Gut, dann sortieren wir das mal.

Nehmen wir alle Erfahrungswerte zusammen – und diese sind aufgrund der Ausgangslage weniger belastbar denn je – ist der wahrscheinlichste Fall, dass die Union auch nach der Bundestagswahl den Kanzler stellen und die Bundesregierung anführen wird. Dass etwas anderes nach den letzten Umfragezuwächsen über das Jahr 2020 überhaupt denkbar ist, sollte ihr allerdings zu denken geben.

Ihren Tiefpunkt in den Umfragen erreichte die Union – trotz der beliebten Kanzlerin – bisher im März 2020 mit 25-26%. Aktuell notiert sie knapp darüber. Trotz zahlreicher Korruptionsaffären und desolatem Erscheinungsbild.

Gehen wir also von einem belastbaren Tiefpunkt um die 25% aus, liegt dieser immer noch mindestens 10 Prozentpunkte über dem der SPD. Die Grünen hatten ihren Umfrage-Peak rund um die Europawahl 2019 mit 26-27%. Im Coronajahr 20/21 stabilisierten sie sich bei um die 18-20% und klettern aktuell wieder etwas nach oben.

Auf Basis der Potenziale der Parteien ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen dann möglich, wenn die Grünen ihr Hoch beständig ausbauen und an die Grenzen ihres Potenziales stoßen. Also 100% Mobilisierung. Gleichzeitig müsste die Union am unteren Ende ihres Potenziales andocken, was eben bei besagten 25% liegen wird.

Für einen Vorsprung der Union sprechen die längerfristigen Wählerüberzeugungen und das gefestigte Wählerpozential in der älteren Wählerschaft über 60. Diese Wähler*innen sind meist treue Stammwähler, sehr auf Stabilität bedacht und bilden das größte Segment.

Apropos Stabilität: Geht das rasante Impftempo der letzten Tage so weiter, können wir davon ausgehen, dass bereits deutlich vor der Wahl Ende September alle geimpft sind, die es wollen. Also gute 75% der Impfberechtigten. Viele werden auch wieder einigermaßen „normale“ Urlaube verbringen können. Der zum Teil vorhandene Groll gegenüber Teilen der Regierung wird daher nicht mehr vorne auf der Tagesordnung stehen, sondern andere Themen. Welche das sein werden? Nun, mit Sicherheit die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. In vielen Städten werden wir miterleben müssen, dass Geschäfte, Bars und Restaurants zwar wieder öffnen dürfen, nicht wenige es aber nicht mehr können. Das ist ein spürbarer und sehr sichtbarer Niedergang.

Gleichzeitig spricht schon heute einiges dafür, dass die Konjunktur weltweit zu einem Nachhol-Wettlauf ansetzt und zumindest das Rückgrat des Wirtschaftsstandortes Deutschland – die vielen mittelständischen und exportorientierten Betriebe ebenso wie die Industrie – erst einmal boomen werden.

Die Kosten der Pandemie werden allerdings ebenso in den Fokus rücken und damit seriöses und erfahrenes Wirtschaften. Theoretisch spräche das auch für Olaf Scholz und die SPD, faktisch aber nicht. Denn diese Kompetenzen – ob zu Recht oder Unrecht – liegen in den Augen der Wähler*innen bei der Union.

Das Kernthema „Umwelt/Klima“ der Grünen lag im Januar 2020, also noch bevor Corona Deutschland erreicht hatte, felsenfest auf Platz 1 der wichtigsten Themen der Deutschen. Satte 45% der Befragten sahen das so (FGW Politbarometer KW03/2020). Die Themen Wirtschaft und Arbeit schafften es im saturierten und erfolgreichen Deutschland noch nicht einmal unter die Top 10.

Aktuell dominiert selbstredend Corona (85%) – aber immerhin liegt der Klimaschutz noch auf Platz 2 (18%). Allerdings folgt die Wirtschaft diesmal auf Platz 3 (8%). Kernthemen der Sozialdemokratie (Soziale Gerechtigkeit, Gesundheit, Arbeitsmarkt) finden sich mit 3% unter ferner liefen, ähnlich der AfD-Kompetenzschwerpunkt Asyl/Ausländer (4%). (FGW KW12 2021).

Daraus folgt: Die Themenschwerpunkte der Union und der Grünen haben beste Voraussetzungen, sich bei abnehmender Corona-Themendominanz weiter nach vorne zu entwickeln.

Da dies aber für beide Parteien gilt, ist die Chance hoch, dass am Ende die Partei mit dem belastbareren Stammwählerpotenzial die Nase vorne haben wird.

Außerdem haben beide möglichen Spitzenpersonen der Grünen ihre Defizite. Baerbock hat noch keine 5 Minuten irgendwen, irgendwo, irgendwann regiert, was beim Kampf ums Kanzleramt schon ein wenig hinderlich ist und Habeck ist eine lose Kanone an Bord mit erheblichem Word-Fail-Faktor. Da mag man am Ende einem wie auch immer wurstigen Ministerpräsidenten von NRW doch mehr zutrauen.

Schwarz/Grün würde dies dann bedeuten, und zwar mit einer eigenen Mehrheit für dieses Zweierbündnis, das die Mehrheit der Deutschen sowieso bevorzugt. Weil die Deutschen Zweierbündnisse immer bevorzugen, bis sie eben von einem anderen Modell regiert werden und das dann auch ganz gut finden (siehe Rheinland-Pfalz).

Was passiert in einer solchen Gemengelage dann mit den anderen Parteien?
Nun, nichts Gutes.

Kommt es auf Basis der zukünftigen Entwicklung zu einem ernstzunehmenden Wettlauf um Platz 1 zwischen Union und Grünen geht dies erfahrungsgemäß zu Lasten der anderen Parteien. Und zwar in dem Maße, in dem deren Wähler*innen als Zweitpräferenz einen der beiden wettkämpfenden Spitzenreiter nennen.

Bei einem Wettrennen zwischen Union und Grünen, bei dem die Umfragen in den letzten Tagen vor der Wahl voraussagen, dass eine Zweier-Koalition dieser Parteien möglich ist und es jetzt nur noch darum geht, wer von beiden die Nummer 1 ist, werden viele Anhänger der FDP zur Union wechseln und viele Anhänger der SPD zu den Grünen.

Selbst die im Lager der AfD nur noch selten anzutreffenden strammen Konservativen, die noch nicht zu Nazis mutierten, werden im Zweifel zur Union wechseln, um wenigstens die Grünen zu verhindern. Das sind aber nicht mehr so viele. Allerdings zählt im Rennen um Platz 1 jedes halbe Prozent. Und der Abgang der in diesen Kreisen verhassten Kanzlerin macht manchem AfD-Wähler die Wahl der Union wieder möglich.

Deutlicher wird es aber SPD und FDP treffen, denn auf Landesebene haben wir die kommunizierenden Röhren von Union/FDP und SPD/Grünen schon häufiger erleben können.

Die über viele Jahre von der FDP-Führung genährte Aversion gegen die Grünen, könnte ihr am Ende zum Verhängnis werden und ihre Wähler zur Union treiben, um auf jeden Fall eine grüne Kanzlerschaft zu verhindern. Das würde nicht nur die aktuelle Zweistelligkeit der FDP gefährden, sondern könnte im für sie schlimmsten Fall zu einem erneuten Scheitern an der 5% Hürde führen.

Nicht weniger dramatisch stellt sich in diesem Szenario die Zukunft der SPD dar: Schon heute von mageren 15-16% startend, könnte sie der Wettlauf zwischen Union und Grünen die Zweistelligkeit kosten. Das ist natürlich das absolute Horrorszenario für die SPD – aber ein mögliches.

Nun sind es aber noch 5 Monate hin bis zur Wahl. Und deshalb macht es Sinn, auch noch einen wichtigen Faktor zu berücksichtigen: Das Personal.

Die Kandidat*innen.

Die SPD hat von den in den letzten drei Bundestagswahlkämpfen begangenen Fehlern dieses Mal zumindest einen ausgemerzt. Unter den bereits seit vielen Jahren extrem schwierigen Startbedingungen war es absolut richtig, die Kanzlerkandidatur früh zu klären und sich damit einen Startvorteil gegenüber Union und Grünen zu verschaffen.

Einen Startvorteil verschafft man sich allerdings, um dann auch zu starten.

Bisher ist davon in der allgemeinen Öffentlichkeit jedoch noch nicht viel angekommen. Was sich auch in den Umfragen widerspiegelt. Natürlich hat Corona viel Zeit, Energie und Nerven der Regierungspartei und des Kanzlerkandidaten gefressen. Allerdings blieb bisher ein beeindruckender Aufschlag irgendwelcher Art – programmatisch, kommunikativ oder kreativ aus. Schade, eigentlich. Aber wahrscheinlich kommt das noch. Die Zeit, zu der man die Aufmerksamkeit alleine gehabt hätte, ist allerdings vorbei.

Das zweite große Dilemma der jüngsten Wahlkämpfe der SPD war die Frage der Machtoption bei schwierigen Umfragewerten.

Nehmen wir die oben angeführten Themenprioritäten der Deutschen ernst, dann kann es für die SPD nur eine einzige Machtoption geben: Die Ampel.

Und zwar so, wie sie in Rheinland-Pfalz nicht nur funktioniert hat – sondern gerade sogar mit deutlichem Stimmenzuwachs bestätigt wurde. Die Ampelkoalition dort regierte fünf Jahre lang mit nur einem Sitz Mehrheit im Parlament so gut, dass sie jetzt über eine Mehrheit von neun Sitzen verfügt.

Alleine auf Basis der Themen gibt es kein Szenario, in dem Rot-Rot-Grün eine Mehrheit bilden kann. Von den sonstigen Schwierigkeiten ganz abgesehen. Diese Kombination verfügt im Wahljahr 2021 über keinerlei Wachstumspotenzial. Die dominanten Themen sind Corona, Umwelt, Wirtschaft und in keinem davon verfügt die Linke über irgendwelche Kompetenzzuordnungen aus der Wählerschaft, die diesem Bündnis einen Schub bringen könnten.

Anders stellt sich die Lage für die Ampel dar. Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben beide klare Mehrheiten für eine Ampelkoalition gebracht (und die Linke ist in keinen dieser Landtage eingezogen), auch wenn die Grünen in Baden-Württemberg dort lieber mit der gerupften aber immer noch stockkonservativen CDU zusammen gehen wollten. In jedem Fall hatten SPD und FDP sich für diese Ampel stark gemacht.

Für die Bundestagswahl könnte für die Ampel dann ein Momentum entstehen, wenn die Union sich nicht wieder fängt, ihr Kanzlerkandidat versagt und der Wunsch nach einer Zukunft ohne Union in der Bundesregierung sich in der Öffentlichkeit verfestigen kann.

Das ist eine kleine, aber immerhin realistische Chance – und gleichzeitig die einzige Machtoption der SPD. Dies setzt voraus, dass die SPD Spitze überhaupt eine Machtoption für die SPD sucht. Falls ja, muss sie diese Chance offensiv umarmen.

Unter welchen Umständen kann die SPD noch den Kanzler stellen?

Sagen wir es einmal so: Wenn die Chance für die SPD bei vielleicht 10% liegt, dann ist sie dennoch da. Bei einer 10%-igen Gewinnchance würden wir vermutlich alle Lotto spielen.

Faktisch gibt es nur eine einzige Chance: Alle anderen müssen total versagen und die SPD alles richtig machen.

Das sähe dann so aus:

Die Union stichelt sich gegenseitig bis zum Wahltag weiter, Söder und Laschet pflegen ihren Hass ungefiltert und werfen sich gegenseitig Stöcke zwischen die Beine, CDU/CSU werden von weiteren schmutzigen Deals erschüttert, die Ost-CDU versinkt weiter im braunen Sumpf und Baerbock/Habeck reden sich bei den Grünen um Kopf und Kragen.

In diesem Fall – und er ist nicht ausgeschlossen – kann Olaf Scholz das machen, was er am besten kann: Olaf Scholz sein. Seriös, ernsthaft, erfahren, stabilisierend und nach wie vor sehr beliebt aus Sicht der Wählerinnen und Wähler.

Olaf Scholz notiert seit Jahren stabil im oberen Drittel der beliebtesten Politiker Deutschlands. Er hat zwei Landtagswahlen fulminant gewonnen und Regierungserfahrung wie kein zweiter. Er kann Ende September der richtige Mann zur richtigen Zeit sein, auch wenn es jetzt im April das unwahrscheinlichste Szenario ist.

Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass die Zustimmungswerte von Baerbock/Habeck oder gar Söder so nah bei Scholz oder sogar darüber liegen, dass eine massive Zugkraft für die Partei daraus kaum erwachsen kann. Einzig Armin Laschet hat von allen gehandelten Akteuren bisher das Potential, seine Partei eher nach unten zu ziehen.

Aus eigener Kraft, soviel steht fest, kann die SPD nicht mehr Kanzlerpartei (also mindestens zweitstärkste Kraft) werden. Sie braucht dafür die massiven Fehler der anderen.

Außerdem müsste sie die einzige Option, die irgendeine Mobilisierung mit sich bringen kann, nämlich die Ampel, aus ganzem Herzen fördern und fordern. Das kann Olaf Scholz vielleicht, aber ansonsten sind Zweifel berechtigt. Dafür müsste allerdings auch die FDP verstehen, dass dies aller Voraussicht nach ihre einzige Machtoption sein wird.

Gehen wir davon aus, dass es am Wahltag zwei große Lager geben wird:
Die, die Stabilität wünschen

Und die, die etwas Neues wünschen.

Stabilität – sofern sie es nicht noch völlig vergeigt – bedeutet dann Union
Das Neue – sofern sie es nicht noch völlig vergeigen – bedeutet Die Grünen.

Die anderen Parteien sind dann Manövriermasse innerhalb dieser Szenarien.

Die klarste Neuheit: Die Grünen übernehmen die Kanzlerschaft.
Die klarste Stabilität: CDU/CSU behalten das Kanzleramt.

Am Wahrscheinlichsten: Der gute deutsche Kompromiss
Die Union behält das Kanzleramt, und die Grünen werden starker Koalitionspartner.

Die Wild Card: Die Union fliegt aus dem Kanzleramt und die Ampel kommt zum Beispiel mit einer SPD um die 20%, den Grünen um die 20% und der FDP um die 10%. Zieleinlauf dann nach Tagesform.

Soweit erst einmal die Vorschau stand April 2021.
Es bleibt auf jeden Fall spannend.

Die Würfel fallen noch.

Dieser Beitrag erschien erstmals auf richelstauss.de

Deutschlands Problem heißt auch CDU.

Schon lange vor den Masken-, Aserbaidschan-, Amthor-Korruptionsaffairen der CDU/CSU war es Zeit, den eigentlichen Bremsklotz in der politischen Landschaft Deutschlands zu benennen. Nicht die SPD, die Grünen oder die FDP sind unser Problem auf dem Weg zu einer modernen Regierung. Das Problem heißt CDU.

Nicht wenige Beobachter der politischen Lage erhoffen sich in einem möglichen Schwarz-Grünen Bündnis nach der Bundestagswahl im September 2021 einen dringend benötigten Schub für die Bundesregierung. Aus ihrer Sicht sind 12 Jahre Große Koalition in den letzten 16 Jahren mehr als genug.

Es wird dabei aber übersehen, dass es in den letzten Jahren nicht nur 12 Jahre GroKo gab, sondern 16 Jahre CDU/CSU an der Regierung und im Kanzleramt.

Übersehen wird auch, dass weder Grün-Schwarz in Baden-Württemberg noch Schwarz-Grün in Hessen geschweige denn Schwarz-Gelb in NRW Anlass zu Hoffnung auf einen progressiven Schub geben. Vor allem eine CDU ohne Merkel an der Spitze wird eher nach hinten als nach vorne durchstarten. Und in allen Ländern, in denen die Grünen regieren, verweisen sie bei den Blockadethemen immer an eine Adresse: die CDU. Wenn die Grünen in Hessen, Baden-Württemberg und anderswo bei Klimaschutzthemen, Flüchtlingsthemen, Energiethemen, ÖPNV, Genderthemen oder der dringend notwendigen Transformation unserer Wirtschaft nicht weiterkommen, verweisen sie immer an den Koalitionspartner CDU.

Also haben scheinbar alle genannten Regierungen ein Problem gemeinsam: die CDU.

Und von wem sollte denn der Schub in Zukunft kommen? Von Armin Laschet, dessen Schwarz-Gelbe Landesregierung in NRW von einem Fettnapf in den nächsten stolpert? Oder gar von Markus Söder, dessen CSU-Minister im Bundeskabinett nur noch Peinlichkeiten liefern – von einer Ausnahme abgesehen. Und der hat schon selbst seinen Rückzug angekündigt. Von Friedrich Merz, dem emeritierten neoliberalen Hobby-Politiker von vorgestern?

Nein, das Problem der Bundesregierung heißt nicht SPD. Das Problem vieler Koalitionen auf Landesebene heißt meist auch nicht Die Grünen, SPD oder beide zusammen. Es heißt CDU. Und eine CDU ohne Merkel wird noch weniger handlungsfähig sein als sie es jetzt schon ist. Ja, die SPD hat immer wieder die Gabe, sich selbst ins Knie zu schießen – aber so gut wie niemand wirft ihr vor, dass sie schlecht regiert und ihre Minister*innen nicht liefern.

Die CDU ist Deutschlands Bremsklotz auf dem Weg zu einer modernen, zeitgemäßen und zukunftsweisenden Politik in nahezu allen Bereichen: von Klimaschutz und Energiewende über die Bereiche Landwirtschaft und Tierschutz zu modernen Arbeitnehmer*innenrechten, sozialen Sicherungssystemen auf der Höhe der Zeit bis hin zu einer modernen Einwanderungs- und Integrationspolitik. Von einem überzeugenden Kampf gegen Rechts, vor allem in den ostdeutschen Landesverbänden, ganz zu schweigen.

Schauen wir einmal auf die Details auf Bundesebene:

Mindestlohn.

Es war die CDU, die bis zuletzt den Mindestlohn bekämpft hat und auch noch heute gegen eine Erhöhung agitiert. Der Mindestlohn hätte schon Jahre früher kommen können und müssen. Alle schlimmen Prophezeiungen der CDU – von Klöckner bis Altmaier – sind nie eingetroffen.

Mietpreisbremse.

Die CDU hat die Mietpreisbremse durch Ausnahmen, Einschränkungen und Laufzeitregelungen so durchlöchert, dass sie keine volle Wirksamkeit entfalten kann. Und noch immer bekämpft die Union auf Bundes- und Landesebene den Mieterschutz vor Wucherpreisen.

Kohleausstieg, Glyphosat, Klimaschutzziele, Tempolimit, Dieselreduktion.

In Umweltschutzfragen bremst die CDU, wo sie kann, verzögert oder verwässert Maßnahmen und dreht, wo sie kann, die Uhr eher zurück als nach vorne.

Grundrente, soziale Sicherungssysteme, Bürgerversicherung.

Es ist die CDU, die hier jeden Fortschritt bremst – nicht die SPD und nicht die Grünen.

Hinzu kommen:

Die Ehe für alle wurde von CDU/CSU über Jahrzehnte abgelehnt und bekämpft – und am Ende stimmten selbst Merkel und Kramp-Karrenbauer dagegen.

Die tolle Maut für Ausländer.

Die Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

Fazit:

Nicht Schwarz-Grün ist die Lösung für ein modernes Deutschland.

Auch die SPD ist nicht das Problem.

Die CDU ist das Problem.

Die CDU muss raus und frischer Wind muss rein.

CDU/CSU raus heißt:
Scheuer raus: für eine moderne Verkehrspolitik
Klöckner raus: für eine zeitgemäße Landwirtschaft und effektiven Tierschutz
Seehofer raus: damit endlich mit den Rechten aufgeräumt wird
Altmaier raus: damit Wirtschaftspolitik nach vorne und nicht ins Gestern führt.
Karliczek raus: damit Wissenschaft und Bildung nicht stiefmütterlich behandelt werden.
Zu Jens Spahn fällt mir nichts mehr ein.

Der politischen Fantasie sollten keine Grenzen gesetzt sein, denn alles ist besser als nochmal vier Jahre und damit insgesamt 20 Jahre ununterbrochen CDU/CSU.

Schwarz-Grün ist keine verlockende Perspektive für die Zukunft.

Alles ohne „Schwarz“ ist es.

Denn das wäre etwas wirklich Neues – nach 16 Jahren.

Warum die CDU in Baden-Württemberg wohl aus der Regierung fliegt.

In ihrem einstigen Stammland hat die CDU keine Chance mehr, stärkste Kraft zu werden – aber immerhin stärkste Oppositionspartei.

Es ist diese Zeit des Jahres – die Zeit, in der die ersten Umfragen des Superwahljahres veröffentlicht werden, sich alle darauf stürzen und falsche Schlüsse daraus ziehen. Warum nicht auch ich? Aber in diesem Fall liege ich vermutlich nicht so falsch mit meiner Prognose, dass die CDU Baden-Württemberg dem neuen Parteivorsitzenden und der Union insgesamt den Start ins Superwahljahr ordentlich verhageln wird. Die CDU Baden-Württemberg ist nun schon seit längerem nicht mehr der Motor, sondern das Sorgenkind der Union, und die vergangenen Monate lassen keine Besserung bis zum Wahltag am 14. März erwarten.

Blicken wir einmal zum Vergleich auf die Zahlen der Landtagswahlen der letzten Jahre.

Es gibt eine klare Faustregel: Sind die Menschen mit der Regierungsarbeit im Land und dem/der Ministerpräsident*in zufrieden, dann nützt das am Ende der stärksten Regierungspartei. Dieser Effekt tritt aber erst sehr spät ein. Meist in den letzten zwei Wochen. Durch die Corona-Briefwahl werden sich die Menschen dieses Mal vermutlich etwas früher mit der Lage im eignen Land auseinandersetzen –  aber der Effekt wird wohl der gleiche sein. Im Land zählt Landespolitik – nicht Bundespolitik.

Beispiele:

Hamburg 2020: 6-Wochen-Entwicklung

Infratest am 9.01.2020: SPD 29%, Grüne 29%.
Vorsprung SPD: 0%
Ergebnis am 23.2.2020: SPD 39,2%, Grüne 24,2%
Vorsprung SPD: 15%

Brandenburg 2019: 10-Wochen-Entwicklung

Infratest am 11.6.2019: SPD 18%
Ergebnis am 1.9.2019: SPD 26,2% Zugewinn: 8,2%

Niedersachsen 2017: 5-Wochen-Entwicklung

Infratest am 7.9.2017: SPD 32%, CDU 37%.
Rückstand SPD: 5%
Ergebnis am 15.10.2017: SPD 36,9%, CDU 33,6%.
Vorsprung SPD: 3,3%

Rheinland-Pfalz 2016: 8-Wochen-Entwicklung

Infratest am 14.1.2016: SPD 31%, CDU 37%.
Rückstand SPD: 6%
Ergebnis am 13.3.2016: SPD 36,2%, CDU 31,8%.
Vorsprung SPD: 4,4%

Wichtig: Es geht hier nicht um falsche Umfragen!
Die Umfragen haben sich Richtung Wahltag auch immer weiter dem Endergebnis angeglichen. Es geht darum: Wo stehen wir heute, 8-9 Wochen vor der Wahl und wo standen diese Rennen 8 bis 9 Wochen davor?

Alle Siege haben eines gemeinsam: Es gab eine hohe Zufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung und sehr gute Direktwahlwerte der Amtsinhaber*innen. Das unterscheidet sie deutlich von den Wahlen, die nicht gewonnen wurden: Dort gab es hohe Unzufriedenheit und auch keine überragenden Werte in der Direktwahlfrage.

Zurück nach Baden-Württemberg.

Hier haben wir folgende Daten:

INSA vom 13.1.2021: Grüne 30%, CDU 30%
Infratest 17.12.2020: Grüne 35%, CDU 30%

Die Zufriedenheit mit der Landesregierung ist sehr hoch – Baden-Württemberg liegt mit Bayern und Rheinland-Pfalz in den Top 3. Es sind übrigens auch die drei Bundesländer mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit Deutschlands.

Alleine das reicht schon, um klar zu sagen: Das Rennen um Platz 1 ist gelaufen.

Aber obendrauf kommen noch weitere Probleme für die CDU Baden-Württemberg:

  1. Die Entscheidung über den CDU-Parteivorsitz.

Nach der Entscheidung um den CDU-Parteivorsitz gibt es für die CDU Baden-Württemberg nur zwei mögliche Ergebnisse:

Entweder der in mehreren Interviews von Frau Eisenmann und der CDU Baden-Württemberg zum Lieblingskandidaten erklärte Friedrich Merz gewinnt: Dann wird die CDU insgesamt eine Debatte über den Rechtsruck der Partei bekommen und auch mit besonderem Augenmerkt auf die traditionell erzkonservative Südwest-CDU. In diesem Fall erwarte ich einen Fallout der bisherigen auch in Baden-Württemberg vorhandenen Merkel-Wähler*innen in Richtung Grüne, FDP und in geringerem Maße auch an die SPD. Oder der Lieblingskandidat von Frau Eisenmann verliert und die CDU muss sich auch in Baden-Württemberg mit enttäuschten Mitgliedern und Wählern am rechten Rand auseinandersetzen.

Wie die CDU in Baden-Württemberg in dieser Gemengelage profitieren sollte, erschließt sich mir nicht.

  1. Das Potential der CDU

Es ist – immer gemessen an früheren Zeiten – bescheiden. Bevor sich das Corona-Management der Bundesregierung und besonders der Bundeskanzlerin in den Umfragen für die CDU niederschlug, sah es in Baden-Württemberg so aus:

Infratest am 12.3.2020:
CDU: 23%, Grüne 36%, SPD 11%, FDP 9%, AfD 14%, Linke 5%

An diesem Stand sehen wir, dass das Potential der Südwest-CDU für die Landtagswahl mit heute 30% am deutlich oberen Ende ihrer Möglichkeiten liegt, während die Grünen noch Luft nach oben haben (bis zu 38%-39%). Die CDU hat noch sehr viel Luft nach unten. Es gab in dieser Umfrage außerdem bereits 47% für ein mögliches Zweierbündnis Grün/Rot.

  1. Warum sollte Kretschmann ausgerechnet mit der CDU weiter regieren wollen?

Selbst die Grünen haben in mehreren Statements deutlich gemacht, dass sie die CDU an vielen Stellen für einen Bremsklotz dieser Regierung halten. Das gilt natürlich für die Klimapolitik, aber auch für die tradierte Bildungspolitik der CDU, deren plumpe Dieselpolitik anstelle eines vernünftigen Transformationsprozesses und dem rückständigen gesellschaftspolitischen Bild der Südwest-CDU. Kretschmann wird ohne die CDU weiter machen wollen. Wenn es reicht im Zweierbündnis mit der SPD oder einer Ampel.

  1. Frau Eisenmann.

12% der Baden-Württemberger*innen würden sie laut Insa in einer Direktwahl wählen. Gemessen an der aktuellen Zustimmung zu ihrer Partei von 30% zieht Frau Eisenmann zu minus 18%.

Fazit:

Die Wählerinnen und Wähler in Baden-Württemberg entscheiden am 14. März nicht mehr über die Frage, wer Ministerpräsident sein wird. Diese Frage ist auf Basis aller vorliegenden Daten entschieden. Die Grünen werden klar stärkste Partei werden. Der nächste Ministerpräsident ist der alte.

Die Wählerinnen und Wähler in Baden-Württemberg entscheiden am 14. März darüber, wer sie mit Winfried Kretschmann gemeinsam regiert. Es sieht nicht gut aus für die CDU.

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Schützt die Liebenden.

Was für eine absurde Debatte gerade entspringt. Sollen Corona- geimpfte mehr Freiheiten genießen als andere? Aber selbstverständlich! Legt los! Lebt wieder und genießt es. Ich gönne es euch!

Eines vorweg. Ich bin blutjung (55 – wird auch mit Zahlendreher nicht besser) und liebe mein volles, lockiges Haar im Sommerwind. Vor allem ersteres bedeutet, dass ich irgendwann hoffentlich vielleicht gegen Ende des Jahres 2021 gegen Corona geimpft werde.

Und daher fühle ich mich berechtigt zu sagen:

Ihr, die Ihr vor mir geimpft werdet: Ich gönne euch alles! Wirklich alles!

Geht und freut euch am Leben!

Geht und zeigt stolz euren Impfpass!

Geht in die Restaurants, die so lange auf euch gewartet haben!

Reist sorglos in alle Welt und erfreut die Menschen dort, die sich auf euch freuen!

Besucht Verwandte und Freunde, trinkt einen guten Wein auf das Wiedersehen!

Setzt euch in Züge, Flugzeuge, Schiffe, Busse, Raketen, Hyperloops, Taxen, Riesenräder, Autoscooter und Ubers. Sie haben auf euch gewartet.

Lasst euch die Haare schneiden, Tattoos stechen, manükieren… tindert, grindrt, datet, parshipped, whatever.

Aber vor allem: geht in Konzerte, Theater, Open-Airs, Kinos, Konzerte, Musicals, Clubs, Museen… auch wenn ihr zuvor schon lange nicht mehr aus wart. Macht es! Ihr werdet geliebt werden von allen auf und hinter der Bühne.

Lebt! Ich liebe euch dafür! Ihr habt es verdient! Denn ihr habt auch am meisten gelitten unter Besuchsverboten oder weil ihr euch rund um die Uhr krumm gemacht habt in Hospitälern, Seniorenheimen, häuslicher Pflege oder bei unseren Rettungskräften.

Ich empfinde keinen Neid – nur Freude.

Und ich möchte auch allen PolitikerInnen Mut machen.

Stärkt nicht die Rücksichtslosen.

Stärkt die Rücksichtsvollen.

Stärkt die Liebenden, nicht die Gleichgültigen oder gar die Hassenden.

Macht Politik für die überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Land!

Stärkt die, die sich impfen lassen!

Macht nicht Politik für die Rücksichtslosen, die sich nicht impfen lassen wollen und schon heute die Drogerie betreten, am Eingang mit einem „Attest“ wedeln und ohne Maske der Verkäuferin ins Gesicht grinsen. Der Verkäuferin, die sich das gefallen lassen muss, weil sie zu Hause zwei Kinder sitzen hat und die die Sorge plagt, dass der Mensch vor ihr sie ansteckt und sie dann ihre Kinder und diese dann andere Kinder oder gar sie selbst ihr Mutter ins Grab bringt wegen des Maskenlosen vor ihr, der mit seinem Attest wedelt und dem man ansieht, dass er die fünf Minuten Einkauf in der Drogerie mit Sicherheit auch mit Maske überleben würde – nur sie vielleicht nicht – oder ihre Mutter – oder die Oma der Kinder die ihre Kinder anstecken würden, sollte sie selbst heute Abend mit dem Virus in sich nach Hause kommen, die ihr der Mensch ohne Maske aber mit Fake-Attest übertragen hat noch dazu mit einem feisten, überlegenen Grinsen im Gesicht und der sich mit absolut 100%-iger Sicherheit nicht impfen lassen wird.

Für die Maskenlosen macht Ihr Politik und extra-schnelle Gesetze?

Nein, das macht ihr nicht.

Ich bin mir sicher – Ihr wollt das eigentlich auch nicht.

Dieses Land hat Jahrzehnte (und zuvor Jahrhunderte) gebraucht, um Frauen, Behinderte, Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Religion und sexueller Orientierung vor Diskriminierung zu schützen. Und jetzt liegt ein Express-Fall vor, um Impfgegner zu schützen? Menschen, die andere bewusst in Lebensgefahr bringen?

Ihr wollt extra Gesetze erlassen, um Leute zu schützen, die im Jahre EINS nach Ausbruch der Pandemie keine Regeln einhalten und fröhlich die Maske unter der Nase und das Hirn unter der Hose tragen und sich auch weigern werden, sich aus Solidarität mit anderen impfen zu lassen?

Diese Menschen kennen keine Solidarität, keine Empathie und auch keine Rücksicht. Man muss sie nicht bestrafen, man darf sie aber auch nicht fördern. Es wird aber ernsthaft diskutiert, diejenigen zu bestrafen, die sich impfen lassen – und diejenigen zu fördern, die es ablehnen, sich impfen zu lassen?

Niemand soll zu Impfung gezwungen werden. Aber diese Menschen müssen mit den Konsequenzen leben. Mit der Konsequenz, dass Airlines Geimpfte ohne Test befördern und sie eben nur mit frischem PCR-Test einsteigen dürfen. Mit der Konsequenz, dass Drogerien, Restaurants, Einkaufscenter, Kreuzfahrtschiffe, Konzertveranstalter und viele mehr von ihnen einen aktuellen Test verlangen und von den geimpften Gästen oder Kunden nicht. Und ja – das ist gerecht.

Damit die Welt wieder ein Leben in Freiheit führen kann.

Damit Menschen wieder unbesorgt Konzerte, Opern, Open-Airs, Fußballspiele und von mir aus auch Monster-Truck-Rennen besuchen können.

Damit man im Zug nicht immer Sorge vor demjenigen haben muss, der stundenlang trinkt und isst, damit er nur die Maske nicht aufsetzen muss.

Damit man im Flugzeug nicht immer die Quasselstrippe im Nacken fürchten muss, der auch in Corona-Zeiten nicht mal für eine Stunde seine Klappe halten kann aus der sowieso nur Belanglosigkeiten und Aerosole herausströmen.

Damit Hunderttausende wieder ihrer Arbeit nachgehen können, ihren Laden eröffnen, ihr Restaurant mit Gästen füllen und ihr Hotel wieder Leben, Freude, Fremde und Gastfreundschaft beherbergt.

Und damit Kinder sorgenfrei (außer vor der Matheklausur) in die Schule, in die Kita oder in den Ausbildungsbetrieb oder die Uni gehen können.

Was um Himmels Willen ist daran falsch?

Warum führen wir eine Debatte zum Schutze der letzten Rücksichtslosen, während die überwältigend große Mehrheit der Menschen (und Wählerinnen und Wähler) sich nichts sehnlicher herbeiwünscht als den Pieks in den Arm, der den Albtraum beendet.

Schafft den Impfstoff bei und unterstützt die, die sich impfen lassen.

Macht Politik für unser Land – nicht für seine Gegner.

Liebt das Leben und schützt die, die auch andere Menschen lieben und nicht nur sich selbst. Schützt die Liebenden.