Im deutschen Interesse.

In Kriegszeiten ist Naivität gepaart mit Unerfahrenheit nicht nur falsch und teuer, sondern gefährlich. Und in Kriegszeiten dient Geschwätzigkeit nur dem Gegner – und der heißt Putin. Dass der Bundeskanzler nicht jeden Tag oder gar stündlich Einblicke in sein strategisches Vorgehen gewährt, hat wohl mit der nicht ganz falschen Grundannahme zu tun, dass eine Strategie sich nur dann entfalten kann, wenn sie nicht öffentlich ist. Und auch nur dann aufgehen kann.

Olaf Scholz sagt, was er tut und tut, was er sagt. In den letzten Wochen wurde ich häufiger gefragt, was Scholz eigentlich vorhabe und meine Antwort war immer die gleiche: Es ist aus meiner Sicht kein Geheimnis, was er prinzipiell vorhat. Es ist das, was er immer gesagt hat: Eine effektive Unterstützung der Ukraine in enger Abstimmung – und auch im Einklang mit den Partnern bei Erhaltung des Grundsatzes, dass Deutschland zwar Partei nimmt, aber keine Kriegspartei wird.

Er fördert die Unterstützung der Ukraine und fordert von den Partnern ebenfalls diese Unterstützung ein. Klar, beständig und im Zweifel auch hart. Scholz ist zwar ein neuer Bundeskanzler, aber eben auch ein alter Hase, der weiß, dass man manchmal Druck aushalten muss – und zwar im Interesse aller. 

Internationale Verhandlungen sind kein Kaffeekränzchen und es geht auch nicht darum, von allen immer geliebt zu werden. Everybody’s Darling is everybody’s Depp und wird im Zweifelsfall ausgenommen wie eine fette Weihnachtsgans. Deutschland weckt als starkes Land viele Begehrlichkeiten, die es auch aus Selbstschutz nicht immer erfüllen kann. Hinzu kommen knallharte auch finanzielle Interessen anderer Länder, die mit dem Wohl der Ukraine nur bedingt zu tun haben. Was Deutschland zahlt und liefert, müssen andere nicht liefern und zahlen. Je defensiver Deutschland in Verhandlungen gehen muss, desto besser für alle anderen.

Einige PolitikerInnen und MedienvertreterInnen haben in den letzten Wochen vielleicht aus guten Beweggründen aber mit dem völlig falschen Ergebnis eher die Interessen anderer Länder vertreten als die Interessen Deutschlands. Sie haben – ohne deren Beweggründe zu hinterfragen – anonym geäußerte „Verstimmungen“ oder „Kopfschütteln über den Bundeskanzler“ aus Regierungskreisen anderer Länder verbreitet und sich nicht selten auch zu eigen gemacht. Das ist aber nicht relevant. Wir schütteln ja auch häufiger mal den Kopf über zum Teil sogar  demokratiefeindliche Tendenzen in Nachbarländern.

Ein schwacher Kanzler hätte dem medialen Druck und auch dem ein oder anderen Versuch aus dem Ausland, zusätzlichen Druck aufzubauen, nicht standgehalten. Zum Nachteil Deutschlands und der Ukraine. Denn was wäre denn gewonnen gewesen, wenn Deutschland gleich eine handvoll Panzer geliefert hätte – ohne die USA, Frankreich und andere ebenso für weitere Maßnahmen zu gewinnen? Reine Symbolpolitik. Twitterfähig, instagrammable, talkshowgeeignet und weitgehend nutzlos, wenn nicht sogar gefährlich.

Die Naivität – manchmal gepaart mit durchaus glaubwürdiger emotionaler Überwältigung – der schärfsten KritikerInnen des Bundeskanzlers, hatte das Potential, die Verhandlungsposition Deutschlands bereits im Vorfeld der Ramstein-Konferenz deutlich zu schwächen. Andere hätten diesem Druck nachgegeben. Der Bundeskanzler hat ihn zu recht ignoriert.

Olaf Scholz, das wurde hier bereits an anderer Stelle erwähnt, war zum Zeitpunkt seines Amtsantrittes einer der erfahrensten und qualifiziertesten Politiker, die Deutschland zu bieten hatte. Vor seiner Wahl zum Bundeskanzler war er ein auf internationaler Bühne geschätzter Bundesfinanzminister und Vizekanzler, zuvor zweifach gewählter Ministerpräsident und davor Bundesminister für Arbeit und Soziales. Viel mehr Erfahrung kann man nicht sammeln, um dieses Amt zu übernehmen. 

Ihm gegenüber steht ein Oppositionsführer, der sich zuvor eineinhalb Jahrzehnte Auszeit aus der Politik gegönnt hatte und bis heute über keinerlei Exekutiverfahrung verfügt. Aber auch in den die Regierung Scholz tragenden Koalitionsparteien finden sich einige AutodidaktInnen der internationalen Politik, die über keinerlei Regierungsexpertise verfügen – dafür aber über eine vermeintliche Medienkompetenz mit Dauerpräsenz. Sie haben sich und ihrem Anliegen in den letzten Tagen einen Bärendienst erwiesen.

Was Scholz prinzipiell will sagt er seit nunmehr gut einem Jahr immer wieder. Aber offenbar gibt es große Defizite im Zuhörvermögen anderer.

Auf der Strecke und vor allem im Ergebnis unterscheidet sich der Profi vom Amateur.

Der Führungsstärke des Bundeskanzlers ist es zu verdanken, dass die internationale Gemeinschaft sich zu einer wesentlich effektiveren Unterstützung der Ukraine bekannt hat, als es selbst seine lautstärksten KritikerInnen erträumt haben.

Olaf Scholz hat sich bereits über viele Jahre aber ganz besonders in diesen Tagen auf der Weltbühne etwas erarbeitet, was unserem Land noch weiteren Nutzen bringen wird: Respekt.

Die Rezeptur des Teufels. (Teil 1 der Populismus-Serie)

Österreich wählte am Ende doch keinen Rechtsausleger zum Präsidenten, Wilders in den Niederlanden landete zum wiederholten Male als Bettvorleger, Le Pen hat nahezu keine Chance, Präsidentin Frankreichs zu werden, die AfD zerlegt sich selbst und von Pegida spricht kein Mensch mehr. Aber wir haben ja keinen Mangel an rechtsnationalen Populisten mit demokratieverachtenden Grundeinstellungen, bleiben uns doch noch Putin, Trump, Orban, die PiS, der Brexit….and whatever comes next.

Dennoch ist es vielleicht gerade in einer kleinen Atempause angebracht, einen erneuten Blick auf die Populisten zu werfen. Wie schon mehrfach betont, halte ich die Bundesrepublik Deutschland 2017 für wesentlich immuner gegen rechten Populismus als manche andere Demokratie westlicher Prägung. Das hat aber auch viel damit zu tun, wie die Parteien mit der Herausforderung umgingen. In Österreich, Frankreich aber auch in England wurde dem Affen viel zu lange durch plumpe Anbiederung Zucker gegeben. In Deutschland muss man jetzt sehr genau darauf achten, was im Wahlkampf geschieht. Schon wollen einige wieder Unterschriften gegen die Doppelte Staatsbürgerschaft sammeln oder andere „starke“ nationale Signale und Symbole bemühen. Das wird die AfD eher wieder ins Spiel bringen und unsere Gesellschaft sehr viel an innerem Frieden kosten.

Für die aktuelle Neuauflage von „Höllenritt Wahlkampf“, bat mich mein Verlag dtv um ein ausführliches Kapitel zu den Mechanismen des Populismus aus meiner Sicht als aktiver Wahlkämpfer. In loser Folge werde ich auf diesem Blog über die kommenden Wochen Auszüge aus diesem Kapitel veröffentlichen. Wer nicht so lange warten will, sollte das Buch kaufen. Das geht natürlich online, aber noch besser bei einer gut sortierten Buchhandlung. In Berlin Mitte empfehle ich hierfür die wunderbare Buchhandlung von Frau Herschel in der Anklamerstrasse. Viele Grüße!

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Von einem immer wieder nur kurzlebigen Aufflackern in Landtagswahlen abgesehen, blieb Deutschland über Jahrzehnte von einer rechtsnationalen Partei in den Parlamenten verschont. Zu suspekt waren ihre Repräsentaten und nicht selten hatten diese auch eine stramm nationalsozialistische Geschichte.

Erst mit der Gründung bzw. späteren Unterstützung der AfD durch Prof. Bernd Lucke und den ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel, wurde eine rechte Partei mit nationaler Bedeutung in der Bundesrepublik salonfähig gemacht. Über Jahrzehnte hinweg gab es auch in konservativen Kreisen klare Grenzen, die man bewusst nicht überschritt. Die beiden bürgerlichen Gallionsfiguren Lucke und Henkel setzten sich über diese begründeten Bedenken hinweg. Auch wenn sie immer darauf achteten, sich hart am Rande des Populismus zu bewegen, riefen sie gerade mit dieser vermeintlich cleveren Gratwanderung jene Leute auf den Plan, die heute die AfD ausmachen. Ihnen ist ihr eigenes Projekt in einer verheerenden Mischung aus Missmanagement, Selbstüberschätzung und  Ignoranz völlig entglitten – mit bleibenden Schäden für Deutschlands politische Kultur.

Wenn man den Herren trotz allen Unheils, das sie anrichteten, noch eine gewisse Naivität und Unbedarftheit unterstellen kann, sieht es bei Profis wie Horst Seehofer schon anders aus. Ihm kommt bezüglich des bundesweiten Erstarkens des Rechtspopulismus in Deutschland eine Schlüsselrolle zu. Denn als die Menschen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung 2015 nach Orientierung suchten, bot Seehofer nur ein Bild des Jammerns. Aber er blieb damit leider nicht alleine. Irritierende Signale kamen nicht nur aus der CSU und weiten Teilen der CDU, sondern auch von einigen Linken, Liberalen, Sozialdemokraten und sogar Grünen. Schlimm daran ist, dass Deutschland durch die gesamteuropäische Entwicklung populistischer Parteien eigentlich vorgewarnt hätte sein müssen. Durch politisches Nachgeben und gar die Übernahme populistischer Forderungen durch andere Parteien, ist noch keine populistische Bewegung geschwächt worden.

Mit abnehmender Dominaz der Flüchtlingsdebatte sinkt aktuell auch der Stern der Populisten. Dennoch bleibt die Bedrohung latent. Doch weshalb finden sie auch in dem doch eigentlich wohlhabenden Deutschland heute Gehör?

Visionen, Populisten und die gelangweilte Demokratie.

Leben wir nicht in einer Vision vergangener Generationen? Einer Vision von Demokratie, Bürgerrechten, internationaler Verbundenheit, medizinischer Versorgung, gesunder und ausreichender Ernährung, beispiellos hoher Niveaus bezüglich Wohnungsstandards, Umweltschutz, Bildung, Partizipation, Gleichberechtigung und Minderheitenschutz. Leben wir nicht einen Traum, den vor einhundert Jahren kaum ein Visionär zu träumen gewagt hätte?

Wie gingen wir mit der Erkenntnis um, dass der vorläufige Höhepunkt der demokratischen Zivilisation zwischen den Jahren 1980 und 2005 gelegen haben könnte? In einem geeinten, grenzenlosen, weitgehend prosperierenden Europa mit garantierten Menschenrechten für über 350 Millionen Einwohner? Nicht, dass nicht auch unsere Zeit ihre Probleme hat und es nicht auch vieles zu verbessern gäbe. Aber weshalb wurden in der Vergangeheit wesentlich größere Herausforderungen mit wesentlich weniger Schaum vor dem Mund gemeistert?

Wie kann sich gerade auf dem Höhepunkt der Zivilisation ein Populismus Bahn brechen, der die Monster der Vergangenheit zu neuem Leben erweckt? Ausgrenzung, Hass, Nationalismus, Wut, Egoismus und Abschottung – sie haben scheinbar nur geschlafen und das für zu kurze Zeit.

Werfen wir daher einen etwas ausführlicheren Blick auf die Ursachen und Wirkmethoden des Populismus und auch darauf, wie man damit umgehen sollte.

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Teil I – Die Rezeptur des Teufels.

Eine populistische Mixtur ist relativ einfach herzustellen und das Gebräu wird im Grunde auch seit Menschengedenken angerührt. Dennoch verbreitet sich der Trunk nur unter bestimmten Bedingungen. Dazu später mehr.

Für den Teufelstrank benötigt man:
1-3 x potentielle Sündenböcke.
1 x Mehrheitsgesellschaft in Opferlaune.
1 x Wordingsetzkasten Populismus (Oben, Unten, Elite, Establisment)
2-3 Prisen Anti-Bildung
1 Hauch Fremdbestimmung

Die Bestandteile im Einzelnen:

1-3 x potentielle Sündenböcke.
Die findet man in jedem Land. Sehr gerne genommen sind Ausländer und religiöse Minderheiten, am allerbesten sind aber natürlich Ausländer die einer religiösen Minderheit angehören. Hat man weder Ausländer noch religiöse Minderheiten zur Hand tun es aber auch Schwule, Behinderte, lautstarke Frauen oder politische Minderheiten. Im Deutschland der Gegenwart fällt Muslimen die Hauptrolle zu, aber das ist reiner Zufall. Nur ein paar Kilometer über den Ärmelkanal rüber waren die – immerhin europäischen und christlichen – Polen Zielscheibe des Brexit-Hasses und in den USA sind es die mehrheitlich katholischen Latinos. Man nimmt eben, was jeweils passt – da ist der Populist nicht zimperlich.

1 x Mehrheitsgesellschaft in Opferlaune.
Daran muss man beständig arbeiten, das bekommt man aber mit etwas Zeit und viel schlechter Laune hin. Ziel ist es, die deutliche gesellschaftliche Mehrheit im Land, die im Grunde auch alle Schaltstellen der Macht besetzt, dazu zu bringen, sich nach und nach als eigentliche Minderheit und Opfer zu begreifen. Am Ende sollte möglichst viele aus der Mehrheitsgesellschaft einem Satz wie: „Für die Minderheiten tut ihr alles, aber für uns tut ihr nichts.“ zustimmen.

Ein Beispiel: Schwule, die eine volle Gleichberechtigung auf allen Ebenen einfordern, werden gerne als „Schrill“ eingestuft. Wenn dann ein Gericht nach dem anderen bis hin zum Bundesverfassungsgericht dieser „schrillen Minderheit“ Recht gibt, hat aus Sicht der Populisten erneut eine Minderheit über die Mehrheit gesiegt. Die Mehrheit ist Opfer. Für die Minderheit tun „die“ alles. Dabei blendet man gerne aus, dass etwa ein Eherecht der Mehrheit nichts wegnimmt, sondern der Minderheit nur ein gleiches Recht eingesteht. Um es noch etwas klarer auszudrücken: würde man der Minderheit einfach das Mehrheitsrecht zugestehen, wäre sie auch nicht mehr laut, man müsste nicht eine Niederlage nach der anderen vor den Gerichten einfahren und der Fall wäre einfach erledigt. Das will man aber nicht, denn man braucht die Minderheit ja. Als Sündenbock.

1 x Wordingsetzkasten mit den Standardvokabeln Elite, Establishment, Oben, Unten.
Es ist unerlässlich, dass es ein „oben“ und ein „unten“ gibt. Wobei die Gegner grundsätzlich „oben“ sind und man selbst „unten“ – und zwar ganz unabhängig von den Fakten. Dafür benötigt es „Eliten“ an den vermeintlichen Schaltstellen der Macht. Das ist für Deutschland etwas schwierig, da es eine Elite wie wir sie aus Frankreich, England oder den Vereinigten Staaten kennen, gar nicht gibt. Kaum ein Land hat mit seiner Elite so aufgeräumt wie Deutschland. Es gibt faktisch keine Elitenkader und Elitenschmieden und unsere politische Führung ist so wenig elitär, dass man sich eher ein bisschen Glamour herbeisehnt. Angela Merkel entstammt keiner Dynastie, sondern einer unscheinbaren ostdeutschen Pfarrersfamilie, Bundespräsident Steinmeier ist der Sohn eines einfachen Tischlers und einer heimatvertriebenen Fabrikarbeiterin, der ehemalige Bundeskanzler Schröder wurde hart am Rande der Armut von seiner alleinerziehenden Mutter großgezogen. Und so kann man fast die gesamte politische „Elite“ des Landes durchgehen und trifft auf kaum mehr als klassische Mittelschichtsbiographien oder anerkennenswerte Aufstiege. Aber das zählt natürlich nicht, Hauptsache diese Menschen sind heute „Oben“.

Zur Saga gehört natürlich auch die vermeintliche Unterdrückung der eigenen Meinung obwohl man sie permanent, lautstark und selbstverständlich ungestraft äußert. Widerspricht man dieser Meinung, will man sie natürlich „unterdrücken“ oder die „echte Wahrheit totschweigen“.

Rechtspopulistische Wordings haben sich heute bereits nicht wenige Satiriker, Comedians und Kolumnisten angeeignet. Zum Beispiel bei den Themen „Political Correctness“ oder „Gender Studies.“ Beides zu Bashen gehört heute zum guten Ton von der ZEIT bis zum Satire-Special. Mir ist nicht ganz klar, was es unserer Gesellschaft bringen sollte, wenn man wieder von „Krüppeln“, „Tussis“, „Mongos“, „Schwuchteln“, „Knoblauchfressern“ oder „Negern“ sprechen dürfte. Das wäre ja nichts anderes als Rülpsen und Furzen im Restaurant und die meisten von uns empfinden es ja durchaus als gesellschaftlichen Konsens, dieses zu unterlassen. Aber einen billigen Lacher kann man damit immer abholen.

Bedenkt man, welch minimale Rolle die Studien über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Geschlechter und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft (Gender Studies) an den Forschungseinrichtungen dieser Welt spielen, ist es wiederum erstaunlich, welche Bedeutung sie für die Populisten haben. Geht man einen Schritt zurück und fragt sich, welchen Alltagseinfluss Gender Studies zum Beispiel in Sachsen-Anhalt Land, einem Baden-Württembergischen Mittelzentrum oder einem Mannheimer Arbeiterbezirk haben, so gelangt man zu der Einsicht: absolut keinen. Kaum ein Mensch weiß, was das überhaupt ist. Dennoch gehört dieser Forschungszweig zum Top-Angriffsziel rechter Populisten weltweit.

Letztendlich sind diese Themen nur weitere völlig überzogene Ablenkungs-Aufreger, die zur Saga der angeblich Entmündigten gehören: Man darf nicht mehr sagen, was man denkt und die Frau soll bitte wieder die klassische Familienrolle annehmen und nicht rumzicken.

2-3 Prisen Anti-Bildung
Bildung als Vorwurf ist elementar für eine populistische Bewegung. Ergänzt natürlich mit der Heroisierung mangelnder Bildung. Unkenntnis wird zum „gesunden Menschenverstand“ und unlogischer Nonsens zum postfaktischen. Das können alle. Selbst Absolventen von Ivy-League-Universitäten in den USA. Die erklären dann dieses eigene Wissen zu unnötigem Ballast, um sich auf eine Stufe mit dem „Volk“ zu stellen. Denn auch hier gilt die alte Erkenntnis: Dumm stellen kann sich auch der Gescheite, andersrum wird es schwieriger.

Bildung als Vorwurf ist einer der ältesten Verhetzungsfaktoren des Populismus und funktioniert immer dort am besten, wo es die meisten Ungebildeten gibt. Daher bleibt die Breitenbildung eine der stärksten Waffen im Kampf gegen den Populismus.

Zum Abschmecken noch ein Hauch Fremdbestimmung.
Zum Schluss würzt man das Gebräu noch mit einer sehr wichtigen Zutat: Der Fremdbestimmung. Das eigene Volk wurde entmachtet, weil die „korrupten Eliten“ Zuständigkeiten an internationale Institutionen abgegeben haben. Fremdbestimmung trägt praktischer Weise das „Fremde“ und damit das Feindliche schon im Namen. Ob internationale Handelsabkommen, UNO, EU, NATO, UNESCO – alle grundsätzlich böse, alle leben nur von uns, alle wollen was von uns. Man ist nicht mehr Herr im eigenen Haus.

Ende Teil 1.

Kommende Veröffentlichungen im Rahmen der Populismus-Serie:
Teil 2: Wann funktioniert der Unfug?
Teil 3: Wahlkampf in Zeiten des Populismus.

Oder sofort hier:

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Dieser Beitrag erschien in einer leicht gekürzten Fassung am 26. April 2017 auch im Feuilleton der Sächsischen Zeitung.

SZ 26.4.2017