Warum, FDP?

Seit der Bundestagswahl 2021 hat die FDP über die Hälfte ihrer Anhänger*innen verloren, flog aus den Parlamenten des Saarlandes, Niedersachsens, Berlins sowie aus den Regierungen in NRW und Schleswig-Holstein. In Bremen und Bayern sieht’s auch nicht gut aus. Was ist passiert?

Der Anfang im Herbst/Winter 2021 begann vielversprechend. Und auch mit guter Laune. Und mit schönen Bildern. Vor allem aber auch mit 11,5% Stimmenanteil der Bundestagswahl vom 26.9.2021 im Rücken. Nur 3,3 Punkte hinter den Grünen (14,8%), die immerhin um das Kanzleramt mitspielen hatten wollen, knapp halb so stark wie CDU/CSU (24,1%), vor der AfD (10,3%) und der Linken sowieso (4,9%).

Die FDP-Spitze traf sich mit der Grünen-Spitze auch schon mal ohne die SPD – einen Ausfall wie bei den gescheiterten Verhandlungen 2017 mit Kanzlerin Merkel wollte man auf jeden Fall vermeiden. Dass die Union nach 16 Jahren mal wieder in die Opposition gehen musste kam auch gelegen, denn man spekulierte in der FDP nicht ohne Grund darauf, einigen der moderneren Unionsanhänger*innen aus dem ehemaligen Merkel-Lager auch längerfristig bei den Liberalen eine neue Heimat bieten zu können.

Now, all of that shot to shit. Oder höflicher: Die Rechnung ging nicht auf. Der Gründe gibt es viele, aber die FDP sucht die Erklärungen leider in der Vergangenheit und nicht in der Gegenwart. Daraus entsteht keine Zukunft für eine liberale Partei, die viele Wähler*innen am Wahltag 2021 gerne haben wollten, aber die zu viele davon in den letzten Monaten enttäuschte.

Angetreten war die FDP als Bestandteil einer Fortschrittskoalition. Nun kann man aus der jeweiligen politischen Richtung auch jeden Rückschritt als Fortschritt definieren, aber bezieht man sich auf die in der Sozialforschung eher etablierten Definitionen, führt das wahrscheinlich weiter – und auch mitten ins Dilemma der FDP.

In den vergangenen Jahren – oder nunmehr fast über ein Jahrzehnt – haben sich einige Modelle etabliert, um die politische Landschaft in modernen Demokratien an den heute dominierenden gesellschaftspolitischen Fragen entlang einzuordnen. Also in Ergänzung bzw. als Fortentwicklung zu den früher dominierenden Determinanten (sozioökonomischen Status, Bildungsgrad, Region,  Religionszugehörigkeit etc.), die heute eine geringere Rolle spielen. Hierzu hat etwa das Institut Pollytix über die vergangenen Jahre ein Modell entwickelt und verfeinert. 

Zu diesen „neuen“ Faktoren zählen, wie man zur Demokratie als Staatsform überhaupt steht, ob man möchte, dass der Staat soziale Ungerechtigkeiten ausgleicht, wie man zum Klimawandel und der Dringlichkeit der Maßnahmen zum Schutz der Umwelt steht, ob man in der Digitalisierung eher eine Bedrohung oder eine Chance sieht, wie man sich zu Einwanderung und Globalisierung positioniert und wie sehr man die Gleichberechtigung von Frauen aber auch von Minderheiten wünscht etc. 

Diese hier vereinfacht wiedergegeben gesellschaftlichen Fragen und vor allem die Antworten darauf, spielen heute quer durch alle Schichten bei der Stimmabgabe eine wichtige – oft sogar eine gewichtigere – Rolle als die früheren. So kann zum Beispiel ein Geringverdiener gegen seine ökonomischen Interessen (Mindestlohn, Sozialtransfer, Arbeitnehmer*innenrechte) stimmen, weil er lieber eine Partei wählt, die mit sozialer Politik nichts am Hut hat, aber am lautesten gegen die Coronapolitik wettert. Ebenso kann ein Professor im Staatsdienst Antidemokrat sein und eine Millionärin glühende Anhängerin eines funktionierenden Sozialstaates. 

Zurück zur FDP. Die größte Zielgruppe für die FDP findet sich logischer Weise in dem Segment „Leistungsorientierte Liberale“, das ungefähr 12% der Wahlberechtigten ausmacht. Das ist das liberale Kernpotential – von dem man aus oben genannten Gründen nie 100% erreichen kann. In dieser Gruppe dominieren Weltoffenheit, Gleichberechtigung und Toleranz, eine eher positive Grundeinstellung zu Zuwanderung und Digitalisierung bei einem starken Glauben an sich selbst und der Ablehnung sozialer Umverteilung. Maßnahmen zum Klimaschutz steht man eher neutral gegenüber. 

Mit Ausnahme der sozialen Umverteilung haben die „Leistungsorientierten Liberalen“ die größten Schnittmengen mit der ganz gut situierten aber – wie der Name schon sagt – auch stark geforderten „Gehetzten Mitte“ (mit ca. 16% der Wahlberechtigten das größte Segment). Dies Gruppe legt aber sehr großen Wert auf Klimaschutz. Grundsätzlich wäre dies also ein sehr gut erreichbares Potential für eine liberale Partei, denn leistungsorientiert ist diese Gruppe eindeutig auch.

Aber diese dem Klimaschutz sehr zugewandten Menschen haben mit einer FDP ein sehr großes Problem, die vom Diesel über die Ölheizung bis zum Tempolimit dem Klimaschutz diametral entgegensteht.

Regelrechte Klimaschutzhasser finden sich in Deutschland aber fast nur noch bei den sogenannten „Antimodernen Konservativen“ (8%). Die hassen allerdings alles – Gleichberechtigung, Toleranz, Weltoffenheit, soziale Umverteilung etc. Meist wählen diese auch AfD. 

Mit ihrer Rhetorik gegen die allgemein als modern und zunehmend auch als wirtschaftlich vernünftig angesehene Umweltpolitik, bedient die FDP nur noch die „Antimodernen Konservativen“, die mit liberaler Gesellschaftspolitik absolut nichts am Hut haben. Also nichts mit Gleichberechtigung, Toleranz, Freiheit, Ehe für Alle und so weiter und so fort. Es ist ein schrumpfendes Segment, das auch stark polarisiert. Beim Versuch, diese Leute anzusprechen, verschreckt man sehr viele andere, die leichter zu erreichen wären. Was exakt auch passiert.

Das Dilemma der FDP-Führung ist nun, dass die wenigen noch übrig gebliebenen FDP Wähler (heute noch ca. 5%) auch nur noch die übrig gebliebenen Hardliner repräsentieren. Wenn Meinungsforscher*innen dieses Segment überhaupt noch aufspüren (und befragen) können, erhalten sie auch nur noch Antworten von FDP-Ultras (Staat mischt sich zu sehr ein, Tempolimit ist Mist, Diesel ist geil, Corona Maßnahmen falsch, Klimaschutz ist Firlefranz….) Denn die anderen – zu erreichenden Wähler*innen der FDP bekennen sich aktuell nicht mehr zur FDP und werden daher auch nicht als FDP Anhänger*innen erfasst. Sie könnten es aber wieder oder erstmals werden. 

Die Partei reitet sich immer weiter in die Bredouille. Denn die FDP-Ultras (sichtbarster Repräsentant ist z.B. Wolfgang Kubicki) schlagen alle möglichen modernen Wähler*innen der FDP mit Schmackes in die Flucht. Gleichzeitig hat die Union mit Friedrich Merz einen konservativen Hardliner an der Spitze, den eigentlich niemand leiden mag – außer ausgerechnet die „Antimodernen Konservativen“. Siehe Politikerranking der Forschungsgruppe Wahlen (FGW) für das ZDF 17.3.2023: Friedrich Merz -0,4 = drittletzter Platz nur noch vor S. Wagenknecht und A. Weidel. Die FDP begibt sich also selbst hier noch ohne Not in Konkurrenz mit einem für sie sowieso kaum erreichbaren Segment.

Die FDP – um jeder Legendenbildung entgegenzutreten – wurde nicht für ihren Eintritt in die Ampelkoalition bestraft. Im Gegenteil. Nachdem sie ihre Bereitschaft für ein Ampelbündnis bekundet hatte, stieg sie sogar auf 14% (FGW, 29.10.21). Seither wird sie für ihr Verhalten in dieser Koalition betraft. Am 17.3.2023 steht die SPD bei 21% (-4,7 zur BTW) die Grünen bei 19% (+4,2) und die FDP bei 5% (-6,5). 

Die FDP wird also nicht verschmäht, weil sie Teil der „Fortschrittskoalition“ ist, sondern aufgrund ihrer rückschrittlichen Umweltpolitik. Dieses Thema kann man den Grünen zwar nicht mehr „wegnehmen“ – aber man macht sich für viele moderne Wähler*innen unwählbar, wenn man Klimaschutzpolitik in der öffentlichen Wahrnehmung geradezu ablehnt. Dass die FDP darüberhinaus in fiskalischen Fragen, gesellschaftlichen, rechtsstaatlichen oder auch sozialpolitischen Fragen anders tickt, würde ihr verziehen oder sogar von den Segmenten die für die FDP empfänglich sind, goutiert.

Die FDP stößt gerade alle vor den Kopf. Sie befindet sich in einem Untergangsszenario, das die SPD sehr gut kennt/kannte. Auch dort versuchte man viel zu lange, verlorene Wähler*innen zurückzugewinnen, statt sich neue Wählerschichten zu erschließen. Daraus resultierte das für die SPD völlig verlorene Jahrzehnt zwischen 2009-2019, das nur eine Richtung kannte: Abwärts.

Die größte Chance hat die FDP vor 2018 verpasst, als sie mit ihrem durchaus attraktiven Personalangebot den weniger attraktiven Grünen vor der Ära Baerbock/Habeck richtig gefährlich hätte werden können. Tatsächlich hat die FDP auch mehr Wähler*innen an die Grünen verloren, als sie das selbst wahrhaben will. Nicht alle sind dort glücklich, aber die FDP baut ihnen keine Brücke zu sich. 

Noch ist es nicht zu spät. Wenn die FDP einem modernen Erscheinungsbild auch eine moderne Programmatik folgen ließe. Es gibt ein Potenzial von gut 20%  leistungsorientierten und grundsätzlich auch liberalen  Wähler*innen, die fiskalisch seriöse, gesellschaftlich moderne wirtschaftsfördernde und bürokratieabbauende Politik schätzen   – wenn sie auch den Umwelt- und Klimaschutz glaubwürdig vertritt.

Der geradezu verbissen geführte Kampf der FDP gegen den Klimaschutz ist ihre Achillesferse und möglicherweise auch ihr Untergang. Sie mag dafür vielleicht Beifall in den Foren, bei verknöcherten Alt-Unternehmern und bei den FDP-Ultras bekommen. Aber nicht an der Wahlurne.

Das größte Hindernis für eine erfolgreiche, moderne, liberale Partei in Deutschland ist die FDP.

Zurück in die Zukunft von Vorgestern.

Die CDU-Kandidaten für den Parteivorsitz liefern sich eine beeindruckende Schlacht über die Zukunft der Vergangenheit, weil sie auf das völlig falsche Wählerpotential schielen.

Es hätte eigentlich richtig gut laufen können. Der Kandidat war zwar der Politik immer verbunden geblieben, hatte aber gleichzeitig bewiesen, dass er von ihr nicht abhängig ist. Dass er wirklich Charakter zeigen kann, „die Brocken hinschmeißen“, sich nicht alles gefallen lassen muss und Unabhängigkeit nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich leben kann. Einer, der nicht nur davon träumt, beim Zigarettenholen nach New York abzuhauen, sondern am nächsten Tag tatsächlich auf der Freiheitsstatue steht. Oder eben in Midtown Manhattan, im Black Rock Tower.

Und dann hätte er die Erfahrungen aus einem Jahrzehnt jenseits der Politik mit voller Wucht in seine Kandidatur gegen lupenreine Parteikarrieristen einsetzen können. Mit seinem geballten Wissensvorsprung über die Zukunftschancen und Risiken unseres Landes. Mit dem objektiven Blick von außen und dem fundierten Wissen von innen. Diese auf dem Papier so gelungene Kombination von einem, der es geschafft hat, zwei erfolgreiche Karrieren in Wirtschaft und Politik hinzulegen, ohne dafür seine Familie, seinen Glauben oder seine ländlichen Wurzeln zu opfern. Ein Mann gemacht für den Parteivorsitz der Christlich Demokratischen Union Deutschlands.

Pffffffffttt.

Übrig blieb eine alternde, dünnnervige Diva, die damals aus verletzter Ehrenpusseligkeit die Brocken hingeschmissen hat, um danach nicht etwa jenseits der Politik Karriere zu machen, sondern durch das Verkaufen seiner politischen Kontakte und der sich politisch nicht viel weiter entwickeln konnte, da er zehn Jahre lange nur Frust über die Entscheidungen der Anderen von Gestern oder Vorgestern angesammelt hat, ohne über das Morgen der Gesellschaft jenseits der eigenen persönlich Zukunft auch nur einen Gedanken zu verschwenden. Ein Mann aus dem Jenseits der sieben Berge, der nach seiner Niederlage auch ebendort wieder anzutreffen sein wird.

Das sind die beiden Geschichten, die man sich über Friedrich Merz erzählt – je nachdem welchem Lager in der CDU man angehört. Aber das eigentlich Schlimme daran ist, dass es vielleicht eine einzige Geschichte ist. Denn über die Zukunft hört man herzlich wenig in der Kandidatenshow der Union. Das jedenfalls hat Friedrich Merz schon einmal geschafft – in Kombination mit dem anderen Rechtsausleger und einer zunehmende verunsicherten und daher auch zunehmend strengen und humorbefreiten Frontrunnerin.

Die CDU streitet mal wieder über die Vergangenheit und begeht dabei alle Fehler, die sie in den letzten Wahlen so hart hat abstürzen lassen. Ja, das geht dem Koalitionspartner aus ähnlichen Gründen nicht anders, aber der ist heute ausnahmsweise nicht das Thema.

Zunächst einmal traten Kandidaten wie Merz und Spahn mit der klaren Ansage an, Wählerinnen und Wähler von der AfD zurückholen zu wollen. Frau Kramp-Karrenbauer ist jetzt auf dem gleichen Trip, wenngleich sie eher mit ihrer traditionell stark ausgeprägten Homophobie punkten möchte, als mit Migration. Aber als ersten Kollateralschaden kann man schon einmal den UN Migrationspakt vermelden, den erst Spahn aus dem finsteren Verschwörungsreich der Salvinis, Orbans und Gaulands in die bis dahin zu Recht nicht stattfindende Debatte verzerrte. Und damit Merz prompt zu einer plumpen Grundgesetzgrätsche veranlasste. Noch mal ganz kurz zur Info: Bei dem Migrationspakt geht es vor allem darum, dass andere Länder sich dem im internationalen Vergleich hohen Niveau Deutschlands, Schwedens etc. bezüglich des menschenwürdigen Umgangs mit Geflüchteten annähern. Was Verbesserungen für die betroffenen Menschen aber eben durch eine breitere Verteilung der Schutzsuchenden auch für Deutschland mit sich brächte. Warum man hier in Deutschland deshalb Schaum vorm Mund bekommen muss, weiß kein Mensch.

Grundlage dieser Unfugdebatte ist einmal mehr das Bestreben „Wähler von der AfD zurückzugewinnen.“ Verkannt wird hierbei, dass das gar nicht geht. Dies der SPD beizubringen fällt bei manchen Repräsentanten schon schwer genug, bei der CDU scheint es völlig unmöglich. Dabei würden sich der CDU ganz andere – wesentlich erfolgreichere – Optionen bieten. Aber dazu später mehr.

Zunächst einmal zu den AfD Wählerinnen und Wählern. Diese zeigen in allen quantitativen aber vor allem auch qualitativen Studien ein nahezu unerschütterliches Weltbild, das sie von den Wählerinnen und Wählern der Grünen, der SPD, aber auch der CDU/CSU massiv unterscheidet. Das gilt auch für die Wählerinnen und Wähler der Linken und der FDP, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen nicht ganz so ausgeprägt wie bei den anderen.

Grob zusammengefasst lautet dieses Weltbild Stand Jahreswechsel 2018/19 so: Ein AfD-Wähler ist tendenziell Anti-Europäisch, zweifelt am Klimawandel, möchte am liebsten gar keine Ausländer – ob Flüchtlinge oder nicht – im Land, ist autoritätsfixiert mit Sympathien für Trump, Putin und andere „starke“ Männer, findet, dass soziale Sicherheit vor allem für ihn selbst da sein sollte, spricht ausufernd über U-Bahn-Kriminalität, obwohl er mindestens 50 km von der nächsten U-Bahn entfernt wohnt, findet in seiner FB-Gruppe nahezu stündlich neue Hinweise auf von den linken Medien unterdrückte Gewalttaten durch Ausländer, ist latent homophob, es sei denn er ist selbst schwul, hat ein sehr klares Frauenbild aus den 50er Jahren (auch als Frau), betrachtet alles Neue skeptisch bis feindlich (Digitalisierung, Elektroautos, nicht fossile Energieträger) und fühlt sich latent bedroht von allen und allem. Zudem hält er alles Positive, was es über die wirtschaftliche Entwicklung, Sozialstandards, Rentenentwicklung zu vermelden gibt für Fake News und nahezu alle Fake News für echt.

Ich würde hier gerne Übertreiben, aber ich tue es leider nicht. Wir haben bei dieser Wählergruppe ein nahezu hermetisch geschlossenes Weltbild das auch erklärt, weshalb Spendenskandale, radikalverbale Entgleisungen oder auch schlichtweg Nazijargon auf diese Wähler keine abschreckende Wirkung haben. Ein guter Teil von ihnen gehört zu bisherigen Nichtwählern, die für die längste Zeit keine Partei im Angebot fanden, die ihre Paranoia spiegelte, der andere gehört zu einem Sammelbecken aus allen möglichen Parteianhängern, die in diese Szene unwiederbringlich abgedriftet sind. Und diese können vom Hochschullehrer über den gewerkschaftlich organisierten VW-Arbeiter bis hin zur Landfrau oder dem klassischen Protestwähler aus allen Schichten kommen. Und ja – sie können bei einer der letzten Landtagswahlen vor drei oder vier oder fünf Jahren CDU, CSU, FDP, SPD, Linke oder sogar auch mal Grüne gewählt haben – aber sie werden es nie wieder tun. Eher gehen sie irgendwann nicht mehr wählen, als den Weg zurückzufinden. Zumindest nicht in den nächsten 5-10 Jahren.

Für die SPD, mit der wir uns ja ganz gut auskennen, bedeutet das ganz klar, dass keine Wählergruppen 2018/19 weiter voneinander entfernt sind als heutige AfD- und heutige SPD-Wähler. Die Schnittmenge beträgt 0 %. Und nicht anders sieht es bei vielen Wählern der CDU aus. Deren Schnittmenge ist wesentlich größer mit FDP oder Grünen als ausgerechnet mit der AfD. Selbst mit der SPD ist diese größer.

Das heißt im Umkehrschluss, dass ein Friedrich Merz das größte Potenzial bei den aktuellen FDP-Wählern hat – bei gleichzeitigem Halten der noch vorhandenen Merkel-Koalition durch ein etwas moderneres Gesellschaftsbild. Dadurch könnte er auf die 27 Prozent von heute locker noch 4-5 % aus der FDP satteln, die ihrerseits die Chance, sich auch inhaltlich zu erneuern, im Siegestaumel völlig verschlafen hat. Und ein bisschen was bekommt er dann noch von Rand-AfD Sympathisanten, für die die CDU dann wieder wählbar ist, wenn sie nicht länger eine Frau wählen müssen.

Frau Kramp-Karrenbauer könnte die Merkel-Koalition halten und mit etwas weniger Homophobie und Verkrampfung auch wieder für grüne Wählerinnen und Wähler interessant sein. Wenn sie so weiter macht wie gerade, zerdeppert sie alles und subventioniert die Grünen weiter.

Für Jens Spahn gibt es nirgendwo Potenzial.

So wie es gerade aussieht, geben sich alle gemeinsam ordentlich Mühe, am Ende so wenig Attraktivität wie möglich übrig zu lassen. Und so große Wunden innerhalb wie außerhalb der Partei zu schlagen, dass nach dem Abgang der ewigen Kanzlerin das ganze Ausmaß der Leere überhaupt erst sichtbar wird.

Frohes Fest.