Frische Zahlen mit Warnhinweis.

Über die Ziehkraft von Michael Müller, die Fliehkraft von Frank Henkel, überraschende Werte bei der Wirtschaftskompetenz und wenig charmante soziale Kompetenzwerte für die Grünen. Die Forschungsgruppe Wahlen war für das ZDF im Feld.

Wer diesen Blog hin und wieder liest, hat ja auch mitbekommen, wie sich in diesem Wahljahr die finalen Ergebnisse im Vergleich zu den letzten Umfragen doch noch recht deutlich auf den letzten Metern verändert haben. In Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern sogar sehr deutlich innerhalb der letzten 72 Stunden.

Entscheidender Faktor auf den letzten Metern ist natürlich die „Ziehkraft“ der Spitzenkandidaten. Bei manchen sind es auch eher Fliehkräfte. Weitere Faktoren sind die Kompetenzzuschreibungen der Parteien, wobei diese schon eine geringere Rolle spielen.

Schauen wir uns daher die soeben veröffentlichte Umfrage (9.9.9 Uhr) der Forschungsgruppe Wahlen (im Feld bis zum 8.9. 21 Uhr) an.

Man beachte die hohe Zahl der noch nicht Entschiedenen und mixe sich dann eine eigene Prognose aus Direktwahl, Kompetenzzuschreibung und Beliebtheitsskala.

Allerdings gilt die sehr ernst zu nehmende Warnung an alle links von der Berliner Stahlhelm-CDU und Schiessbefehl-AfD: Diese beiden Parteien sind am höchsten mobilisiert. Wer jetzt seinen Arsch nicht hochbekommt, könnte am Wahltag in einem Berlin aufwachen, dessen Klima und auch dessen Ansehen in der Welt ein anderes ist. Und zwar kein besseres.

Enjoy and go to work.

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Spannender Aspekt: 31% der CDU Anhänger hätten lieber Michael Müller als Regierenden Bürgermeister, nur 56% den eigenen Mann. Müller wollen 87% der SPD Anhänger, 86% der Grünen und 74% der Linken. Selbst bei der FDP liegt Müller vor Henkel.

Zitat aus dem Bericht der Forschungsgruppe Wahlen: „Müller spielt imagebezogen in einer völlig anderen Liga als Frank Henkel.“

skala

Zum Vergleich: Klaus Wowereit kam in der Wahl 2011 auf + 1,4.
Und Frank Henkel lag 2011 noch bei +0,3 und jetzt bei -0,5. Also krachende 0,8 nach unten. Das ist keine Ziehkraft von Frank Henkel für die CDU, sondern eine Fliehkraft.

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Kleiner Hinweis an die CDU: Wenn man nur noch über Burkas, doppelte Staatsbürgerschaft, Puffs und Autonome spricht, geht einem eben die Wirtschaftskompetenz flöten. Über die man vielleicht besser gesprochen hätte.

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Dass die Grünen es nicht mehr so mit dem Sozialen haben, hat sich wohl auch rumgesprochen.

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Det is Berlin, wa? Passt noch was rein. Am wenigsten Platz ist wahrscheinlich am Stadtrand. Denn da gilt ja die alte Formel: Je weiter das Land, desto rechter das Volk.

Vielleicht noch einmal der Vergleich RLP:

Direktwahl MP

Malu Dreyer hatte einen Direktwahlvorsprung von 20%.
Erwin Sellering hatte einen Vorsprung von 45%
Michael Müller hat einen Vorsprung auf Frank Henkel von 40%.

So, dann mal weiter im Wahlkampf. Da geht noch was!

 

 

Glaubt’s ihr nix, der oiden Hex!

Über nackte Konservative, das Burkafahrverbot, umgekehrte Schweigespiralen, Tomatensaft ohne Salz und Debatten im Cockpit bei offenem Mikro. Also über uns im Spätsommer 2016.

Nehmen wir an, wir säßen heute mal nicht alle in einem Boot, sondern in einem Flugzeug. Es war ein zwischenzeitlich turbulenter Flug und wie das so ist, vertragen das einige besser und schlafen durch, andere schlechter, tun aber entspannt und lesen jetzt schon seit 25 Minuten die gleiche Seite, die nächsten wiederum bekommen schwitzige Hände. Und zu ein paar Leuten musste die Flugbegleiterin hingehen, da sie deutliche Zeichen von Panik zeigten.

Aber jetzt ist wieder alles fein, der Service wurde wieder aufgenommen und aus dem Cockpit meldet sich die Flugkapitänin mit beruhigenden Worten. Es wird jetzt voraussichtlich im weiteren Verlauf ein ruhiger Flug werden, man rechnet mit einer sicheren und pünktlichen Landung.

Dem widerspricht bei offenem Mikro der Copilot, der mit südländischem Akzent laut dazwischen ruft: „Glaubt’s ihr koin Wort. Verloren samma. Oille samma verloren. S’Triebwerk rechterhand brönnt, dLandeklappen san veroist und dsFahrwerk fahrt net aus. Glaubt’s ihr nix, der oiden Hex!“

Das führt bei den Passagieren zu einiger – nicht nur sprachlich bedingter – Verwirrung. Die Panikanfälligen bekommen einen Rückfall, die Schwitzenden werden panikanfällig, die vorgeblich Entspannten legen das Buch nun ganz aus den Händen und auch die Stoischen sind jetzt hellwach und überlegen, ob der richtige Zeitpunkt für eine Tomatensaftbestellung (mit Pfeffer, ohne Salz) eventuell verpasst wurde. Mit kurzen Unterbrechungen setzt sich der Disput zwischen der Kapitänin und dem Copiloten jedenfalls immer weiter fort.

Anders formuliert: Wenn die Politik bis hinein in die Bundesregierung und unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung von „Kontrollverlust“, „Staatsversagen“, „Dammbruch“, „Hilflosigkeit“ oder gar „Unrechtsstaat“ spricht, dann fällt es einem schwer, als Bürger dieses Landes zu sagen: Danke, mir geht es gut.

Je übermächtiger von Problemen, Ängsten, Untergangsszenarien berichtet wird – desto eher haben die Menschen auch Angst. Das irre daran ist: Es bricht gar nichts zusammen. Geschätzte 90 % der Menschen in diesem Land führen kein anderes Leben als vor 12 Monaten. Die anderen 10% engagieren sich für Flüchtlinge. Den allermeisten geht es gut bis sehr gut. Sie stehen morgens auf und gehen nachts ins Bett. Dazwischen tun sie, was sie auch vorher taten.

Aber einige von ihnen sind schlecht drauf. Was können wir tun?

Zunächst einmal muss jedem in der Politik, aber auch in den Medien klar sein: Die Menschen suchen Orientierung. Und wenn die Meinungsbildner im Land gerade in Zeiten des Umbruchs keine Orientierung bieten – dann entsteht Desorientierung, Unsicherheit und bei manchen auch Panik.

Eine nicht geringe Zahl von Menschen in diesem Land befindet sich in einer latenten Panikspirale. Aber was noch fataler ist: Die große Mehrheit im Land, die nicht in Panik ist, befindet sich in einer Schweigespirale. Den Leuten geht es gut, aber sie trauen sich nicht mehr, es zu sagen. Denn wer sagt, schreibt oder sendet, dass es uns gut geht, der bekommt gleich einen drauf.

Es ist schon soweit, dass eine Führungskraft im Land nicht einmal mehr motivieren darf, ohne als Schönreder/-in attackiert zu werden. Dabei ist das absolute Gegenteil der Fall: Jede Führungskraft im Land sollte motivieren. Und zwar täglich.

Die psychologischen Mechanismen sind nicht unbekannt. Wir kennen sie zum Beispiel aus der Dynamik von wirtschaftlichen Rezessionen oder Aufschwüngen. In einer Rezession sparen selbst die, die gar nicht sparen müssen. Und zwar private Haushalte ebenso wie Unternehmen. Entweder aus Furcht, dass es auch sie noch erwischen könnte. Oder aber auch, um nicht aufzufallen. Da wird der Benz noch ein Jahr länger gefahren, statt einen neuen anzuschaffen.

Das alles verschärft die Rezession nur noch. Erst eine Vielzahl guter Nachrichten führt dazu, das Verhalten zu ändern. Und wenn diese psychologische Hürde genommen wurde, folgt ein regelrechter Boom, da verzögerte Investitionen auf einen Schlag nachgeholt werden.

Die Deutschen werden – übrigens in einer wirtschaftlichen Wachstumsphase – tagtäglich von schlechten Nachrichten bombardiert. Und das auch von nahezu allen Parteien.

Bezüglich schneller, zum Teil unsinniger und aktionistischer politischer Reaktionen von Wagenknecht bis Seehofer musste man den Eindruck gewinnen, dass die Politik nur noch Signale in den Teil der Bevölkerung aussendet, der skeptisch bis ängstlich ist. Und zwar skeptische bis ängstliche Signale. Alles, was an politischem Aktionismus an den Tag gelegt wurde, zielte auf den verunsicherten Teil der Bevölkerung. Und wenn man ehrlich ist: Wer jetzt noch nicht verunsichert war, musste es danach sein.

Kommunikation in Paralleluniversen mit und ohne Sichtbehinderung.

Wir leben in einer Zeit der medialen Paralleluniversen, deren Dimension wir gerade erst begreifen. In denen Menschen außer Reichweite geraten für gute Argumente.

Wir leben auch in einer Zeit der Ungleichzeitigkeit. Viele Menschen stehen in ihrem Alltag, in ihrem Beruf, in ihrem Umfeld schon mit beiden Beinen in der Zukunft – andere mit einem Bein – andere leben hingegen noch ganz im Deutschland von 1998.

Daher auch die Scheingefechte. Erfahrene Unionspolitiker brüten über den drängendsten Sicherheitsfragen. Sie brüten und brüten und brüten über Wochen und unter Schmerzen gebären sie endlich die Lösung aller Fragen unserer Zeit: DAS BURKAFAHRVERBOT! Ja ist das denn wahr? Ab wann gibt es denn dafür Punkte in Flensburg? Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lustig.

Auf dem Fuß folgt die Burkinidebatte. Ja, man traut seinen Ohren kaum. Früher war es konservativ, die Leute zu ermahnen, sich etwas anzuziehen. Heute muss man blank ziehen! Die Welt ist verrückt. Glaubt irgend jemand, dass diese Debatte beruhigt?

Es stellt sich die Frage: Wer spricht eigentlich für die Mehrheit im Land, die sich am Ende nichts mehr wünscht, als dass Deutschland diese Situation meistert, ohne die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte über Bord zu werfen?

Das Interesse der handelnden Akteure sollte jetzt darauf gerichtet sein, die positiv gestimmte Bevölkerung zu stabilisieren, zu motivieren und wieder sprachfähig zu machen. Nach einer vorläufigen Beruhigung der Lage sollte man dann daran gehen, auch wieder das Vertrauen der anderen zu gewinnen und Skepsis abzubauen. Das ist möglich, denn in diesem skeptischen Bevölkerungsteil ist auch immer noch ein sehr großes Potential an Menschen, das will, dass Flüchtlingen geholfen wird, dass Integration gefördert wird, dass Zusammenleben gut organisiert wird.

Am 4. September wählten 167 000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern die AfD. Bei 1,3 Millionen Wahlberechtigten, von denen 806.000 mental in der Lage waren, eine gültige Stimme abzugeben.

In Deutschland gibt es rund 62 Millionen Wahlberechtigte, die in einem Jahr wählen dürfen. Das sind sehr viele Leute und ein sehr, sehr langer Zeitraum. Noch ist Zeit, aber auch höchste Zeit: Wenn viele Akteure nur in alten Ritualen agieren und nur versuchen, schnell und billig zu punkten, wenn Parteipolitik auf Kosten von Stabilität und gesellschaftlichem Zusammenhalt gemacht wird – dann werden wir dafür teuer bezahlen.

Deutschland ist nicht Österreich. Das sagen uns alle vorliegenden Untersuchungen. Noch nicht einmal Ostdeutschland ist Österreich – wenn auch näher dran. Aber wenn wir hier die gleichen Fehler begehen wie SPÖ und ÖVP in der Vergangenheit und uns auf das rechte Territorium begeben, dann ist auch dieses Land nicht sicher vor dauerhaft starken rechtspopulistischen Parteien. Und diese Parteien werden – selbst wenn sie nicht an die Macht kommen – das Zusammenleben vergiften.

Von der verantwortlichen Politik in Deutschland muss jetzt ein klares Signal der Stabilität ausgehen. Ein „So machen wir das.“ Wie es weitergeht, liegt in unserer Hand. Und darin, wie klar wir stehen, Farbe bekennen und Gesicht zeigen.

Dieser Text ist die Langfassung meines Debattenbeitrages für den Verein „Gesicht Zeigen“ vom 7.9.2016 in Berlin und basiert in Teilen auf meinem Blogbeitrag „Bitte leiser kreischen und ruhiger in Panik verfallen“ vom 29.2.2016.

24 Jahre Wahlkampf in 4:44

Wolf-Sören Treusch führte vor einigen Tagen ein längeres Interview mit mir. Heraus kam eine Zeitreise von Clinton/Gore 1992 bis Malu Dreyer und Michael Müller 2016. Und das in unter 5 Minuten. Ich muss sagen: das ist ihm hervorragend gelungen.
Aber hören Sie selbst.

Deutschlandradio

Der Trend heißt Müller.

Umfragen-Ticker und persönliche Wahlprognose für Berlin.

Wir stehen jetzt drei Wochen vor der Wahl in Berlin. Wie schon im Frühjahr in Rheinland-Pfalz ist es daher Zeit für meine Prognose. Sie hieß damals „Der Trend heißt Dreyer“. Und da ich bei der Hitze ein bisschen faul bin, nehme ich die Headline einfach nochmal.

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UPDATE VOM 29.8.2016

Neue Forsa-Umfrage bestätigt eine interne (in Folge „Intern“) Umfrage, erhoben mit einer 1000er Fallzahl, im Feld 19.8.-23.8.
Forsa: SPD 24; Intern: SPD 25
Forsa: CDU 17; Intern: CDU 19
Forsa: Grüne 19; Intern: Grüne 19
Forsa: Linke 17; Intern: Linke 17
Forsa: AfD 10; Intern: AfD 11
Forsa: FDP 5; Intern: FDP 5

Erkenntnis:
1. SPD liegt in beiden Umfragen jeweils 5-6% vor der zweitplatzierten Partei. Bei Forsa beträgt der Vorsprung zur CDU jetzt 7%.
2. Rot-Grün: Forsa: 43%; Intern: 44%
CDU, AfD und Linke: Forsa 44%; Intern: 47%
3. Müller liegt in der Direktwahl 30% vor Henkel; Intern: 31%
4. Rot/Grün liegt bei beiden Instituten 2-3% von der eigenen Mehrheit entfernt, sofern die FDP an der 5%-Hürde scheitert. Was auf der Kippe steht. Sonst ist eine 3-er Koalition stand heute unumgänglich.

Aber: Es hängt sehr viel von der Mobilisierung ab. Laut Forsa ist der Anteil der Unentschiedenen bei der SPD am höchsten. Gleichzeitig zeigen unsere Umfragen auch das höchste Potential für die SPD – wenn sie mobilisiert.

ENDE DES UPDATES VOM 29.8.

DER FOLGENDE TEXT VOM 26.8.2016 BLEIBT UNVERÄNDERT.

Korrigiert wurde nur der Direktwahlvorsprung von Müller. Er beträgt in der internen Studie 31% statt der fehlerhaft getippten 21%.

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In einer mir vorliegenden internen Umfrage (1000er Fallzahl, im Feld bis 23.8.) baut Michael Müller seinen Direktwahl-Vorsprung auf 31% aus (54:23) und erreicht damit einen größeren Vorsprung als Malu Dreyer vierzehn Tage vor dem Wahltag in Rheinland-Pfalz (19%). Sogar 23% der CDU-Wähler wollen lieber Michael Müller als Frank Henkel auf dem Chefsessel sehen.

Die SPD liegt mindestens 6% vor dem Zweitplatzierten. Das hat auch mit den Schwächen der anderen zu tun, klar, und die SPD liegt auch unter den 28% von 2011. Aber Frank Henkels AfCDU-Kampagne drückt die CDU jetzt deutlich unter die 20% und in der eigenen Zielgruppe baut Henkel drastisch ab. Kommt die FDP nicht ins Parlament (was auf der Kippe steht) – können 45-46% für eine Rot/Grüne Koalition reichen. Vielleicht 26 + 20? Noch deutlicher? Nicht undenkbar.

Die Koalitionsaussage von Michael Müller stärkt das progressive Lager, das nach wie vor in dieser Umfrage mit 61% stabil notiert (seit 2001, übrigens). Wenn die Menschen in jüngster Zeit etwas von Michael Müller gehört haben (und das war hauptsächlich die Koalitionsaussage), empfanden sie das als deutlich positiv. Was sie von Frank Henkel gehört haben (Burkablablabla) empfanden sie als deutlich negativ.

Nun werden manche sagen: Was soll das?! Wo ist diese Umfrage? Wo ist die Quelle? Und ich sage: Die Umfrage gibt es. Sie stimmt. Wir hatten die gleiche Umfrage 21 Tage vor der Wahl in RLP vorliegen und sie stimmte auch. Und nein, sie wird nicht veröffentlicht, denn da steht noch viel mehr drin, was uns nutzt und anderen nicht. Wenn Sie eine eigene Umfrage haben wollen, müssen sie diese beauftragen und bezahlen. Danke. Weiter im Text.

Was war das wieder für ein Geschrei, als Michael Müller Rot-Grün als seine Wunschkoalition in Berlin benannte. Man müsse doch, man darf doch nicht, das war doch noch nie so, was erlaube sich Müller? Deshalb stehe die SPD bei 21%! Das gleiche Geschrei erlebte ich vor ein paar Monaten in Rheinland-Pfalz, als Malu Dreyer sagte, sie ginge nicht in eine TV Debatte mit der AfD. Man müsse doch, man darf doch nicht, das war doch noch nie so, was erlaube sich Dreyer?

Am Ende hat ja dann der Wähler das Wort. Und der – oh Wunder – findet klare Ansagen besser als unklare. Deshalb hat Malu Dreyer am Ende in Rheinland-Pfalz gewonnen. Und deshalb wird Michael Müller in Berlin gewinnen.

Weitere besondere Zahlen für Berlin:

Was macht mich sicher? Ich erlaube mir einfach einen Blick auf die Zahlen. Auf die eigenen, aber auch die öffentlichen.

Infratest-Dimap hat sich um Auftrag des RBB sehr, sehr viele Fragen zum Thema Flüchtlinge, Islam usw. einfallen lassen. Eigentlich drehte sich die ganze Umfrage nur darum. Man bekommt ja nur Antworten auf Fragen, die man stellt. Das führt zuweilen sehr in die Irre.

Wir arbeiten anders. Wir stellen keine Fragen, sondern lassen die Leute sprechen. Und – Überraschung – die Leute sprechen über etwas ganz anderes. Sie sprechen über Wohnungsbau, soziale Sicherheit, gebührenfreie Kitas, das Berliner Lebensgefühl und einen menschlichen Umgang mit Flüchtlingen.

Doch die Umfrage des RBB-Institutes fördert durchaus Interessantes zu Tage. Nehmen wir einmal die sehr überspitzt formulierte Aussage:

„Ich empfinde die Flüchtlinge als Bereicherung für Berlin.“

Das muss man schon sehr weltoffen sein, um Flüchtlinge gleich als Bereicherung zu empfinden. Werfen wir zunächst einen Blick auf das progressive Lager:

SPD: Ja: 62%, Grüne: 79%, Linke: 69%

Und auf der anderen Seite stimmen dieser Aussage zu: CDU: 51%, FDP 30%, AfD: 5%

Wie erwähnt, da kommt ja selbst mancher sehr offene Mensch ins Grübeln, aber die Berliner offenbar nicht. Und nicht jeder, der Flüchtlinge nicht gleich als Bereicherung versteht, ist ein Hardcore Gegner. Wie wir weiter unten sehen werden.

Wir sehen auch, dass die FDP-Wähler in Berlin näher an der AfD dran sind, als die CDU-Wähler. Was wiederum bedeutet, dass Henkel mit seinem Pro-AfD Wahlkampf sein eigenes Potential irritiert.

Die Aussage „Berlin soll keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen“ findet nur Mehrheiten bei AfD, FDP und in geringerem Ausmaß bei der CDU. Auch hier zeigt sich die Spaltung der CDU. Im progressiven Lager gibt es klare Mehrheiten, die diese Aussage ablehnen.

„Ich fühle mich wegen der Muslime manchmal fremd in Berlin.“

Jetzt obacht, Burkini-Henkel:
66% aller Berliner stimmen dieser Aussage NICHT zu.
Davon 81% SPD, 96% Grüne, 80% Linke. Und 60% der CDU!

Überfremdung empfinden mehrheitlich nur FDP und AfD Wähler. Was uns erneut mehr über die FDP sagt, als über die AfD. Da braut sich eine kleine neue Stahlhelm-FDP zusammen. Das hatten wir in Berlin ja auch schon einmal.

Was bedeutet dies nun für den Wahlkampf.

  1. Zunächst einmal für die CDU nichts Gutes. Ihr monothematischer Wahlkampf setzt ausschließlich auf Fremdenfeindlichkeit, Bedrohung und Henkel. Das sind gleich 3 Loser-Themen auf einmal. Henkel und die CDU haben sich mit einem völlig missglückten Rechtsausleger-Wahlkampf aus dem Wertekanon der Stadt verabschiedet.
  2. Rot/Grün kann es noch zu einer eigenen Mehrheit schaffen. Dafür müssen beide Parteien Momentum aufbauen. Von den Potentialen her ist es möglich, eine stabile Zweierkonstellation zu erreichen. Jetzt sollten beide Parteien den Leuten auch noch Lust auf eine solche Konstellation machen.
  3. Müller hat sein Profil geschärft und ist die klare Nr.1.  Michael Müller hat Henkel erst einen Schuß vor den Bug gegeben – und als dieser nicht aufhörte nach rechts zu driften als Koalitionspartner ausgeschlossen. Michael Müller hat als erster eine klare Koalitionsaussage für Rot-Grün abgegeben. Michael Müller hat das berühmte „Kopftuch-Plakat“ frei gegeben. Michael Müller hat das „Nina Queer-Plakat“ in seiner Kampagne platziert. Michael Müller hat nicht völlig sinnbefreit Nilpferde plakatieren lassen, nur weil sie „süß“ sind. Bei ihm hat alles eine klare Richtung, eine Linie.

Michael Müller führt den mutigsten, klarsten und direktesten Wahlkampf in der Stadt. Vor allem aber führt er den einzigen Wahlkampf, der Führung und Strategie erkennen lässt. Müllers Wahlkampf zielte vom ersten Tag an auf eine progressive Mehrheit, gegen rechte Anbiederei und auf das Wunschziel einer Rot-Grünen Mehrheit.

Wer Müller wählt, weiß zu 100%, was er bekommt. Bei ihm gab es zu keinem Zeitpunkt auch nur einen schiefen Ton gegenüber Ausländern, Muslimen, Flüchtlingen. Er hat von Anfang an klar gemacht, dass es bei dieser Wahl auch um einen Kulturkampf geht. Und zwar nicht gegen Muslime, sondern gegen rechts. Er hat diesen Kampf um die Seele der Stadt aufgenommen – und diese Klarheit kommt an.

Wie die Umfrage weiter zeigt, vertrauen die Menschen in Berlin Michael Müller in hohem Maße, eine progressive Koalition stabil und verantwortungsvoll zu führen. In den letzten 14 Tagen wird sich diese Führungsstärke noch deutlicher in den Ergebnissen niederschlagen.

Drei Wochen vor der Wahl stand die SPD mit Ministerpräsident Sellering in MeckPomm bei 24%. Heute, eine Woche vor der Wahl, steht sie bei 28%. Drei Wochen vor der Wahl in Rheinland-Pfalz stand die SPD bei 32%, am Wahltag hatte sie 4% mehr. Wie auch schon im März wird es am Ende eine deutliche Bewegung hin zum Amtsinhaber geben. Wenn die ganze SPD noch einmal volle Energie in die entscheidenden Tage steckt. Zumal nicht die geringste Wechselstimmung in der Stadt herrscht.

Wie so häufig gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen der medialen Berichterstattung und dem Gefühl der Menschen in der Stadt. Das Flüchtlingsthema ist nicht das dominante Thema. Übrigens noch nicht einmal in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist ein medial völlig überzogenes Thema. Die Menschen in MeckPomm interessieren sich vor allem für Arbeitsplätze, die in Berlin vor allem für Wohnungen und soziale Sicherheit.

Mit Berlin geht es aufwärts: Eat this!

Die Wähler der SPD, der Grünen, der Linken UND der CDU sehen Berlin außerdem mehrheitlich auf dem Weg „bergauf“. So die Daten. Nix mit „Failed Stadt.“ Das erkennt man auch daran, dass das Thema Arbeit/Arbeitslosigkeit so gut wie von der Agenda verschwunden ist. Überzogene Kritik an der Stadt und gar Panikmache laufen völlig ins Leere.

Müller setzt mit Mietwohnungsbau, dem Ferienwohnungsverbot, gebührenfreien Kitas und Bildungsinvestitionen auch auf die richtigen sozialen Themen. Alles Themen, in denen die SPD die höchsten Kompetenzwerte genießt.

Als ich vor 3 Monaten sagte, die SPD in Meck-Pomm würde bei 26% + x landen, hat ein Journalist nur mit den Augen gerollt. Ebenso wie meine Blogbeiträge vor der Wahl in RLP als reine Wahlkampfmache ausgelegt wurden. Das kann ich nicht verstehen. Nur weil ich Wahlkampf mache, bin ich doch nicht parteiisch… Und ja, ich kann mich irren. Andererseits begleite ich auch seit gut 25 Jahren jedes Jahr mindestens einen Wahlkampf. Meistens zwei. Irgendwas bleibt dann eben auch an Erfahrung hängen.

Take it or leave it.