Die Hochwasserkatastrophe wird aus Sicht der Wählerinnen und Wähler das zentrale Thema dieses Bundestagswahlkampfes werden und das zurecht. Denn was gerade geschieht ist eine menschengemachte Naturkatastrophe und kann auch nur von Menschen durch politisches Handeln eingedämmt werden. Ein Kandidat ist dafür gänzlich ungeeignet.
Im März 2011 segelte Kurt Beck mit rund 40% in den Umfragen einem sicheren Wahlsieg in Rheinland-Pfalz entgegen. Dann kam am 11. März die Katastrophe von Fukushima und die Grünen schossen von 10 auf 15,4%. Am Ende lag die SPD nur noch 0,5% vor der CDU. Im Nachbarland Baden-Württemberg kam es am selben Wahltag sogar zu einer Sensation: Die CDU wurde krachend abgewählt und ausgerechnet das konservative „Ländle“bekam den ersten Grünen Ministerpräsidenten der Republik. Jetzt stehen wir vor einem neuen, dramatischen Game-Changer. Und die Toten sind nicht irgendwo zu beklagen – sondern mitten in Deutschland.
Armin Laschet hat ein Problem. Während Markus Söder in den letzten zwei Jahren- unter Druck – seinen umweltpolitischen Kurs massiv korrigiert hat, gibt Laschet nach wie vor alles – für Industrie und Braunkohle. Er ist der Prototyp des pirouettendrehenden Pseudo- Umweltschützers wie er im Buche steht. Jeder Satz zum Umweltschutz von Laschet ist Greenwashing aus dem Lehrbuch: Grün reden und dann politisch blockieren wo es nur geht. Das Problem dabei: Es schützt weder die Industrie noch die Braunkohle sondern macht alles nur teurer, schmerzhafter und vor allem – tödlicher. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen steht heute in den Trümmern seiner Umweltpolitik.
Und natürlich ist er dabei nicht alleine. Die Versäumnisse haben viele Mütter und Väter. Die SPD hat sieben lange unfruchtbare Jahre unter Sigmar Gabriel den Umweltschutz vor allem als Gefahr für das Industrieland Deutschland gesehen. Sie hat jetzt die Kurve bekommen und stellt mit Svenja Schulze die bis dato erfolgreichste Umweltministerin der Republik. Viele – selbst einige in der Union – haben heute erkannt, dass der wirtschaftliche Wettbewerb mit China und den USA nicht die alles erschöpfende Ausrede gegen einen harten Kurswechsel in der Umweltpolitik ist. Die Chinesen und Amerikaner sterben genauso im Klimawandel wie die Europäer – sie tun es bereits. Und sie werden im Zweifelsfall schneller umschalten als wir.
Deutschland und Europa müssen jetzt Vorreiter werden, so wie die EU-Kommission das vorschlägt. Nur müssen sie es noch schneller werden. Mit Laschet wird alles langsamer. Peter Altmaier geht selbst das EU-Paket zu weit. Julia Klöckner ist ein umweltpolitischer Totalausfall und ein CDU/CSU Finanzminister wird eher bremsen als fördern. Von Andreas Scheuer als Verkehrsminister ganz zu schweigen.
Grüne und SPD müssen jetzt klar machen: Armin Laschet und die Union sind der Bremsklotz für Deutschlands ökologische Industriepolitik. Die Grünen haben das Problem, dass sie mit Annalena Baerbock eine Person nominiert haben, der man das Kanzleramt nicht zutraut. Die SPD hat das Problem, dass sie einen Kandidaten hat, dem man das Kanzleramt zutraut, aber seiner Partei nicht mehr so viel. Beide haben das Problem, dass die Union beim Kampf von Grünen und SPD um Platz zwei zur Zeit wie der lachende Dritte dasteht. Und dass diesem Wahlkampf bisher ein Thema fehlte.
Das Thema ist jetzt da. Es ist ein zutiefst trauriges Thema. Aber es ist auch eines, das klar macht: Jetzt lohnt es sich politisch für eine neue Richtung zu kämpfen. Für echten Wandel. Nicht für eine Koalition mit der CDU – die zuletzt Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg wieder ins Boot geholt hat, weil es für ihn bequemer war.
Es lohnt sich politisch zu kämpfen für ein modernes, erfolgreiches Deutschland, das modern ist, weil es beweist, dass eine ökologische Industriepolitik und eine ökologische Landwirtschaft wirtschaftlich erfolgreich sein können, zukunftsweisend und im wahrsten Sinne des Wortes lebensrettend.
Es liegt nun an Grünen und SPD, auf unterschiedlichen Wegen zu einem gemeinsamen Ziel zu kommen: Eine Regierung ohne CDU/CSU und vor allem ohne einen Kanzler Laschet, der nur Placebos verteilen wird.
Dieser Wahlkampf wird sich in den kommenden Wochen wieder um Politik drehen. Wer jetzt sagt: „Kein Wahlkampf auf dem Rücken der Toten“, der hat eines nicht verstanden: Diese Toten sind das Ergebnis falscher Politik. Und eine Wahl beeinflusst die Politik von morgen. Ein Wahlkampf ohne Berücksichtigung dieser Frage wäre eine Verhöhnung der Opfer – in Deutschland und der Welt.