Seehofers AfD, Klöckners Schande.

Spielen wir einmal einen kurzen Augenblick mit dem Gedanken, Horst Seehofer hätte die Kanzlerin einfach so lautstark unterstützt, wie er sie tatsächlich bekämpft hat. Diese Theorie erörtere ich heute mit Heiner Geißler, Julia Klöckner und dem Außenminister der Republik Österreich.

Heiner Geißler sagte heute früh um kurz nach 7 Uhr auf dem Weg zur Arbeit zu mir: „Die CSU – insbesondere Seehofer – hat mit ihrer öffentlichen Stellungnahme sozusagen die Stichworte geliefert für Pegida und auch die AfD, indem sie die Kanzlerin konterkariert haben mit der unbewiesenen Behauptung „Wir schaffen es nicht.“

Ich nickte eifrig und kurz bevor wir in die Tiefgarage fuhren, fügte Geißler noch hinzu: „Dieses ‚Wir schaffen es nicht’ und die Befürchtung, wir kämen ins Chaos, hat natürlich dazu geführt, dass viele Leute gesagt haben: ‚Den Rechtsradikalen glauben wir nicht, aber wenn so einer wie Seehofer oder wenn die CSU solche Meinungen äußert, dann muss ja etwas dran sein’.“

Dann hatte ich leider keinen Empfang mehr. Im Büro hörte ich mir auch noch den Anfang des Interviews im RBB Inforadio an (zum Interview geht es hier). Und um es nochmal auf den Punkt zu bringen, fragte der Journalist: „Hätte denn eine geschlossene Union den Erfolg auch von Rechtspopulisten in Deutschland verhindern können?“ Antwort Heiner Geißler: „Das ist ganz sicher so. … Die Kritik von Seehofer an Merkel war ja der Beginn dieser ganzen psychologischen Verirrung, in die wir in der Flüchtlingsfrage hineingekommen sind.“

Nehmen wir dieses offene Gespräch mit dem früheren CDU-Generalsekretär doch zum Anlass, uns einmal vorzustellen, wie nicht nur die Wahlen, sondern vielleicht sogar die Europäische Union durch die Attacken von Seehofer auf die Kanzlerin negativ beeinflusst wurden.

Vielen ist ja noch das Bild vor Augen, als in der Finanzkrise Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück geschlossen vor die Kameras traten und der deutschen Öffentlichkeit versicherten: „Ihre Sparbücher sind sicher. Gehen Sie nicht in die Bank, ziehen Sie nicht ihr Geld ab, gehen Sie nicht über Los und ziehen Sie auch keine Ereigniskarte, denn: es wird nichts passieren. Alles ist gut.“ Das hat funktioniert und alles ist gut.

Jetzt das Wunsch-Bild vom September 2015: Die Vorsitzenden der Dreiparteienkoalition stehen vor uns. Die Bundeskanzlerin, der Wirtschaftsminister und der bayerische Ministerpräsident. Sie sagen: „Es kommen jetzt viele Menschen zu uns, die unsere Hilfe brauchen. Darauf sind wir nicht zu 100% vorbereitet und es wird sicher in den ersten Wochen oder auch Monaten zu Problemen kommen. Aber wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass erst die Unterbringung und dann auch die Integration gelingen werden. Wir drei versichern Ihnen: Mit vereinten Kräften werden wir diese Herausforderung meistern, so dass wir alle stolz auf unser Land sein können. Gleichzeitig arbeiten wir an einer europäischen Lösung, die langfristig zur Entspannung der Lage beitragen wird. Als Sofortmaßnahmen leiten wir folgenden 10-Punkte-Plan ein: …“

Natürlich hätten sie dann in Dresden dennoch Galgen durch die Gegend getragen und im Erzgebirge gezündelt. Aber die Verunsicherung insgesamt wäre wesentlich geringer gewesen.

Ich gehe sogar noch weiter: Seehofer, die CSU und ihre Verbündeten in der CDU wie Wolfgang Bosbach, Julia Klöckner, Guido Wolf etc. haben die Verhandlungsposition der Kanzlerin in Europa nachhaltig geschwächt.

Die Zerrüttung der CDU wurde von Merkels Gegnern in Europa sofort aufgegriffen und es wurde immer weiter Zwietracht gesät. Höhepunkt: Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Julia Klöckner, lädt den Außenminister Österreichs ein, um gemeinsam mit ihr in Rheinland-Pfalz Wahlkampf gegen die deutsche Kanzlerin zu machen. Das muss man einmal zusammenbringen. Angela Merkel sagt dem SWR im Interview: „Ich bin Österreich nicht dankbar.“ Und Frau Klöckner macht mit eben diesem Repräsentanten der Republik Österreich Wahlkampf. Wer soll das verstehen? Welches Bild gibt das ab? Wie unpatriotisch kann man als Repräsentantin der Regierungspartei CDU denn agieren?

Merkel-Austria

Kurz & Klein

Kurz in RLP

Quelle: Die Welt

Es ist das gute Recht der Regierung Österreichs, eine andere Meinung zu vertreten als die Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Es ist auch durchaus üblich, mit befreundeten Parteien aus dem Ausland Wahlkampf in Deutschland zu machen. Und die ÖVP ist auch nicht die FPÖ (immerhin habe ich auch schon mal für die ÖVP gearbeitet). Aber in diesem Fall macht man doch in einer sowieso schon kritischen Phase nicht gegen die eigene Parteivorsitzende Wahlkampf! Das nennt man zwar „Friendly Fire“ ist aber trotzdem tödlich. Niemand zwingt Julia Klöckner dazu, Herrn Kurz oder Herrn Seehofer in ihren Wahlkampf einzuladen und gegen die eigene Bundesregierung und die eigene Parteivorsitzende Stellung zu beziehen. Mal ganz abgesehen davon, dass kein Mensch weiß, was die CSU in dieser Bundesregierung eigentlich noch macht. Haltung beweist sie jedenfalls nicht, wenn sie ständig beißt, aber weiter am Kabinettstisch sitzen will.

Gemessen an diesen Verwirrungen ist die Bevölkerung in Deutschland noch sehr stabil. Siehe hierzu auch meinen Beitrag „Bitte leiser kreischen..“

Wie würde die Welt heute aussehen, wenn Seehofer und Co unser Land nicht gespalten, verunsichert und einige Wähler sogar den Rechtspopulisten in die Arme getrieben hätten?

Eine schöner Gedanke. Und vielleicht noch nicht zu spät.

Geissler-rbb

Der Trend heißt Dreyer.

Um den desaströsen Auftritt von Julia Klöckner im TV-Duell gegen Malu Dreyer einordnen zu können, muss man nur die aktuellen Zahlen der Institute mit denen vor dem Duell vergleichen.

Wenn man sich eine gute Weile mit Wahlkämpfen und TV-Duellen beschäftigt, entwickelt man schon ein ganz gutes Gespür dafür, wie es am Ende gelaufen ist. Man kennt auch so ziemlich alle Methoden, um danach mögliche Sieger und Verlierer zu ermitteln. Sofern es welche gibt. Die meisten Duelle enden im Patt. Nicht so am vergangenen Dienstag, den 1.3. im Sendegebäude des SWR in Mainz. Als die Sendung zu Ende war, dachte und sagte ich: „Das sollte reichen, um stärkste Partei zu werden.“ Frau Klöckner war von der ersten Minute an fahrig und mangelhaft vorbereitet auf die naheliegendsten Fragen zu den Widersprüchen ihrer Flüchtlingspolitik. Von den ersten schlimmen fünf Minuten der Debatte hat sie sich nie wieder erholt und warf zum Ende hin nur noch zusammenhanglos mit Schlagwörtern aus ihrem Wahlkampfsetzkasten um sich. Mit diesen antrainierten Satzbausteinen kommt man in einer 5er Runde der üblichen TV-Talkshows vielleicht durch, aber nicht in einer einstündigen TV-Debatte. So etwas muss man wissen und ernst nehmen.

Und jetzt sehen wir die Auswirkungen der Niederlage von Frau Klöckner. Gerade kamen die frischen Zahlen der Institute. Am längsten, nämlich bis spät in den Donnerstag Abend hinein war die Forschungsgruppe Wahlen (FGW) im Auftrag des ZDF im Feld. Und je länger sie im Feld war, desto klarer ging die CDU nach unten und die SPD nach oben. Am Ende war der Vorsprung der CDU auf die SPD seit der letzten Erhebung der FGW von 7% auf 1% zusammengeschmolzen. Infratest Dimap war nicht ganz so lange im Feld, dort schmolz der Vorsprung der CDU von zuletzt 4% auf jetzt 2%.

Forschungsgruppe Wahlen: CDU: 35% (-3%), SPD: 34% (+ 3%). Abstand: von 7% auf 1%. Und der Trend setzt sich fort.

Das sind mitten im Wahlkampfendspurt tektonische Verschiebungen. Und sie können nur eine Ursache haben: Julia Klöckner hat das TV-Duell gegen Malu Dreyer nicht nur ein wenig verloren, sondern krachend. Der unmittelbar während der Sendung mit einer NICHT repräsentativen Untersuchung gemessene „kleine“ Sieg von Malu Dreyer, muss in Wirklichkeit ein sehr, sehr großer gewesen sein.

Einen solchen Swing zwischen den Erhebungen vor und nach dem Duell erlebte ich zuletzt im Bundestagswahlkampf 2005 zwischen Gerhard Schröder und Angela Merkel. Dort lagen uns repräsentative Untersuchungen von vier Instituten unmittelbar nach dem Duell vor. Der Sieg Schröders bewegte sich damals in Dimensionen von 16-33% Vorsprung auf Frau Merkel. Danach verlor die CDU in der nächsten Umfrage 2% und die SPD gewann 2% hinzu. Diese Entwicklung setzte sich dann so fort, dass der Vorsprung der Union in den verbleibenden Tagen von 13% auf 1% zusammenschmolz. Interessant war damals auch, dass in den Tagen danach der Sieg Schröders bei den Befragten noch höher ausfiel. Das bedeutet: am Arbeitsplatz und im Freundeskreis wurde im persönlichen Gespräch Schröder noch deutlicher favorisiert als am Sendetag selbst gemessen. So eine Entwicklung findet jetzt gerade auch in Rheinland-Pfalz statt.

In Rheinland-Pfalz haben wir keine repräsentative „Duell-Messung“ vorliegen, aber wir können eben anhand des vorliegenden Swings sehr klar feststellen: Die 400.000 Zuschauer des Duells haben offensichtlich nicht nur Malu Dreyer als klare Siegerin gesehen, sondern sie sprechen auch jetzt noch darüber am Arbeitsplatz und im Freundeskreis. Denn der Niedergang der CDU setzt sich wie erwähnt weiter fort, was darauf deutet, dass sich immer mehr Unentschiedene für Dreyer entscheiden. Und Infratest betont in der Bewertung der Direktwahlfrage (Dreyer 50%, Klöckner 30%), dass Dreyer besonders in den Tagen nach dem TV-Duell ihren Vorsprung weiter ausbauen konnte.

Vor allem aber passiert jetzt auch verstärkt, was ich bisher als unmöglich betrachtete: Es wechseln Wähler direkt von der CDU zur SPD. Demnach will jetzt selbst jeder 5. CDU-Wähler Malu Dreyer als Ministerpräsidentin.

Julia Klöckner entwickelt sich in den letzten Tagen des Wahlkampfes deutlich zum Klotz am Bein der CDU. Mit 30% in der Direktwahlfrage liegt sie jetzt 5% unter der CDU. Malu Dreyer hingegen liegt mit 50% deutliche 16% über der SPD und zieht diese jetzt auch (endlich) mit.

Bezüglich der Dynamik des Prozesses ist es nicht mehr unmöglich, dass die SPD nicht nur stärkste Partei wird, sondern dass Malu Dreyer sogar das letzte Wahlergebnis von Kurt Beck übertrifft. Doch einige Unsicherheitsfaktoren bestehen. Die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer erwarten mit über 10% Vorsprung einen Wahlsieg Malu Dreyers. Das ist zwar nett, aber doch auch etwas verfrüht. Und wir sollten auch sehen, dass die Briefwähler bereits Stimmen abgeben konnten, als die CDU noch 7% vor der SPD lag.

Wie selten zuvor wird es also auf den Wahltag selbst ankommen, an dem die SPD vermutlich ein halbes Prozent vor der Union landen muss, um am Ende auch mit den Briefwählern vorne zu bleiben. Das ist wie gesagt gut möglich, erfordert aber eine Rundum-Mobilisierung.

Der beste Mobilisierungsfaktor zur Zeit ist die Erkenntnis von vielen Menschen in Rheinland-Pfalz, dass sie am 14. März aus Versehen mit einer Ministerpräsidentin Klöckner aufwachen können. Das scheint sie nachhaltig zu erschrecken. Denn der Zick-Zack-Kurs von Julia Klöckner in der Flüchtlingsfrage, vor allem aber, dass sie der Bundeskanzlerin immer offener in den Rücken fällt, ist bei den Leuten gar nicht gut angekommen. Die Glaubwürdigkeit von Frau Klöckner ist durch ihr eigenes Zutun mittlerweile so beschädigt, dass ich keinen Weg wüsste, wie sie diesen Imageschaden in den verbleibenden Tagen reparieren könnte.

Was wir in Rheinland-Pfalz gerade erleben, nennt sich Momentum und zwar mit hoher Dynamik und klarer Richtung zugunsten von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und der SPD. Diese Entwicklung ist noch klarer zu erkennen, wenn man sie mit der Entwicklung der SPD in den anderen wahlkämpfenden Bundesländern vergleicht. Sie ist aber nicht atypisch für Rheinland-Pfalz, das bei der Bundestagswahl 2013 noch zu 43,3% CDU wählte, so wie die CDU auch die vergangenen Bundestagswahlen in Rheinland-Pfalz immer gewann. Nicht aber die letzten vier Landtagswahlen. Jetzt liegt die CDU von Frau Klöckner über 8% unter dem Wahlergebnis von Frau Merkel in Rheinland-Pfalz.

Der Wahlkampf der CDU in Rheinland-Pfalz, man muss es so sagen, ist eine Blaupause dafür, wie man eine Wahl auf den letzten Metern in den Sand setzt. Der Wahlkampf der CDU ist unkonzentriert, unentschieden, unglaubwürdig in der zentralen Politikfrage und hat zu allem Überfluss auch noch eine erratische Frontfrau an der Spitze.

Zuletzt erlebte ich eine solche Entwicklung in NRW 2010, als Jürgen Rüttgers seinen sicheren Vorsprung erst einbüßte und in den letzten acht Tagen völlig verlor. Die letzten Umfragen von ZDF und ARD sahen damals acht Tage vor der Wahl die Rüttgers-CDU mit 2% – 4% vorne. Die Ministerpräsidentin hieß dann Hannelore Kraft.

 

Bitte ruhiger kreischen und leiser in Panik verfallen. Danke.

Deutschlands Bevölkerung hat mehr Vertrauen verdient, als es ihr von seinen Eliten entgegen gebracht wird. Wappnen Sie sich für einen sehr zahlenlastigen Blog, an dessen Ende Sie sich aber hoffentlich besser fühlen werden. Und ohne Angst ein Flugzeug oder Deutschland betreten können.

Früher, als ich noch Flugangst hatte, spielten sich in meinem Kopf permanent Absturzszenarien in Endlosschleifen ab, die sich immer weiter hochschaukelten. Damals war ich selbst dann noch von dem unmittelbar bevorstehenden Absturz überzeugt, als ich schon längst am Gepäckband auf meinen Koffer wartete. Im Lufthansa „Seminar für entspanntes Fliegen“ brachte man mir bei, mit Hilfe diverser Techniken diese Panikzyklen zu durchbrechen. Statt an brennende Triebwerke zu denken, lernte ich, mich auf die wirklich schönen Dinge im Leben zu konzentrieren. Etwa auf Blumenwiesen, Meeresbrandungen im Abendrot oder die SPD.

Heute habe ich das Gefühl, dass eine ganze Menge Menschen im Land und auch nicht wenige Politiker und Journalisten mehr an Blumenwiesen denken sollten. Oder ans Abendrot, oder von mir aus auch an die SPD, wobei ich mir darüber im Klaren bin, dass Letztere nicht bei allen Menschen die gleichen wohligen Gefühle auslöst, wie bei mir. Ich bin da Realist.

Kommen wir zum eigentlichen Thema, beginnend mit einer kurzen Rückblende.
Im Jahr 1992 gewannen die Partei „Die Republikaner“ unter Führung des ehemaligen Unterscharführers der Waffen SS, Franz Schönhuber, bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 10,9% der Stimmen. Zuvor war sie 1989 bereits ins Europaparlament (7%) und in das Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen (7,5%). Bis auf Baden-Württemberg, in dessen Parlament die REP mit 9,1% im Jahre 1996 noch einmal einzog, verschwand die Partei bei der nächsten Wahl wieder in der Versenkung. Dann hieß es bald auch im ganzen Land: RIP, REP.

Noch ein paar Ergebnisse am rechten Rand ab den 90ern:
Bremen 1991: DVU 6,2%.
Hamburg, 1997: DVU 4,98%.
Und wo man Herrn Schill verorten will, sei jedem frei gestellt:
Schill-Partei in Hamburg 2001: 19,4%.
Sachsen 2004: NPD 9,6%.
Brandenburg 2004: DVU 6,1%.
Meck-Pomm 2006: NPD 7,3%.

Bundestagswahl 2013: AfD: 4,7 %.
Sachsen 2014: NPD 4,95, AfD: 9,75%.

Umfragen zur AfD 2014: Am 2. Oktober 2014 bei Infratest-Dimap: AfD 9%, am 10. Oktober 2014 Forschungsgruppe Wahlen: AfD 8% Heute, 2016: Forschungsgruppe Wahlen vom 19.2.2016: AfD 10%.

Was will der alte Mann damit sagen? Nun:
Lasst uns ein bisschen ruhiger in Panik verfallen und ein bisschen leiser kreischen.

Bei 9% AfD im Oktober 2014 und 10% im Februar 2016 kann man ja nicht gerade von einer tektonischen Verschiebung sprechen. Medial bekommt man aber den Eindruck.

Die aktuelle „superspannende“ Frage, nämlich, ob die AfD irgendwo stärker wird als die SPD oder sonstwer, ist auf den zweiten Blick auch null spannend. In Sachsen bekamen 2014 AfD und NPD zusammen bereits 14,6%, die SPD alleine 12,4%. Im Jahre 2009 wäre in Sachsen übrigens die FDP fast stärker geworden als die SPD. Der Abstand betrug 0,4%. Erinnert sich noch jemand daran? Dass die SPD im Süden und Südosten Deutschlands massive Probleme hat, ist keine Erkenntnis der letzten zwei Jahre, sondern der letzten zwanzig. Guten Morgen. In Hamburg bekam die CDU 2015 übrigens satte 15,9% und hatte die Grünen im Nacken. Sowas kommt eben vor und ist nicht wirklich sensationell. Es sei denn, man hat die volatile Entwicklung der letzten Jahrzehnte voll verpennt.

Es gibt einen rechten Rand in Deutschland und den gibt es schon immer. Es wäre auch seltsam, wenn nicht, denn Deutschland hat ja eine Geschichte, die nicht gerade von einer massiven Linkslastigkeit dominiert wird. Was aber auch völlig übersehen wird ist, dass Deutschland 2016 zu 85% – 90% nicht nach scharf rechts tendiert und sich selbst in der AfD von heute noch ein paar Verwirrte verirrt haben, die nichts anderes sind als verirrte Verwirrte.

Es wird auch übersehen, dass es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und anderen Regionen im Osten eine starke rechte Szene gab, bevor auch nur ein Flüchtling in Lampedusa gelandet war und bevor in Syrien ein Bürgerkrieg herrschte.

Ganz nüchtern betrachtet muss man sogar konstatieren: Deutschland ist äußerst stabil und es täte dem Land und seinen Leuten gut, wenn die Journalisten und Politiker ein bisschen mehr Vertrauen in Deutschland setzen würden.

Dafür müsste man aber erst mal alle Meinungsbildner in ein Medien-Nutzerseminar schicken, damit sie nicht jeden Shitstorm mit Volkes Stimme verwechseln. Da dachte ich auch, man wäre schon weiter.

Schauen wir uns auch hierzu ein paar Daten an und zwar von verschiedenen Instituten (Infratest, Emnid, Forsa, Forschungsgruppe Wahlen), alle von 2016, alle repräsentativ, alle über der 1000er Fallzahl, nach Köln erhoben und zwischen dem 15.1. und 15.2.2016 veröffentlicht.

Am 15.1.2016 veröffentlichte Infratest folgendes Ergebnis im ARD-Deutschlandtrend:

Statement: „Die Flüchtlinge sind eine Bereicherung für Deutschland.“
Dieses Statement – und das sage ich mit der Erfahrung aus 25 Jahren Wahlforschung – ist eine sehr emotionales in unseren Zeiten. Vor allem nach der Silvesternacht und der generellen Stimmung bereits vor dieser Nacht. Es wird auch nicht gefragt, ob „Einwanderung“ eine Bereicherung sei. Es wird dezidiert nach Flüchtlingen gefragt. Da könnte selbst ich als weltoffener und toleranter Mensch (Selbstbild), ins Grübeln kommen, diese Aussage in ihrer ganzen Pauschalität mit „Ja“ zu beantworten.

45% stimmen der Aussage zu, dass Flüchtlinge eine Bereicherung für Deutschland sind.
48% stimmen dem nicht zu. Die 45% sind überraschend viele, wie ich meine.

Gehen wir mal weiter zur Forschungsgruppe Wahlen im ZDF.

Dort fragte man, ebenfalls „nach Köln“, ob unsere kulturellen Werte (welche auch immer das sind) durch die Flüchtlinge in Gefahr seien. Da sagen 52% nein und 42% ja.

Diese Spaltung setzt sich in vielen weiteren Fragen fort: Machen Ihnen die vielen Flüchtlinge Angst? (ARD): Ja 48%, Nein: 50%.

Ist in Deutschland Fremdenfeindlichkeit weit verbreitet? (ZDF) Ja: 56%, Nein 44%.

Die mediale Einordnung: Journalistisch wurden diese Erhebungen eindeutig eingeordnet: Die Stimmung ist gekippt, Merkel verliert „dramatisch“, Deutsche leben in Angst, Rechtspotential wächst. Also wie immer eben: Man berichtet das reißerischste. Und das ist natürlich: Merkel in Bedrängnis.

Meine Einordnung: Die 45%, die mitten in dieser Einwanderungswelle und der Krawallnacht noch der Aussage zustimmen, die Flüchtlinge seien eine Bereicherung, sind offenbar sehr belastbar.

„Angst“ ist natürlich ebenso eine starke Emotion und diese empfinden immerhin 48%. Allerdings hat man vor der „großen Anzahl“ Angst. Nicht generell vor allen Flüchtlingen. 52% empfinden, wie erwähnt, keine Angst.

Im Parteienspektrum müsste man aufgrund der aktuellen Parteitagsbeschlüsse und auch des handelnden Personals CDU, SPD, Grüne und Linke im weitesten Sinne als zuwanderungsfreundlich bezeichnen. Was die FDP eigentlich will, habe ich nicht verstanden, gebe ihr aber zunächst einmal einen sentimentalen liberalen Vertrauensvorschuss. Bei der CDU ist das Thema umstritten, aber die Beschlusslage des noch nicht sehr lange zurückliegenden Parteitages ist klar.

Bezüglich schneller, zum Teil unsinniger und aktionistischer politischer Reaktionen von Seehofer über Wagenknecht, Palmer, Klöckner bis zum ewigen Bosbach, musste man jedoch den Eindruck gewinnen, dass die Politik nur noch Signale in die Hälfte der Bevölkerung aussendet, die skeptisch bis ängstlich ist.

Alles, was an politischem Aktionismus an den Tag gelegt wurde und zum Teil in einem Abschiebe-Überbietungswettbewerb ausartete, zielte auf die verunsicherte Hälfte der Bevölkerung. Und wenn man ehrlich ist: Wer jetzt noch nicht verunsichert war, musste es danach sein.

Es stellt sich die Frage: Wer spricht eigentlich laut und deutlich für die andere Hälfte im Land? Wer unterstützt die, die keine Angst haben? Die sich immer noch oder gerade jetzt engagieren? Die nicht in jedem jungen Mann einen Vergewaltiger sehen? Die differenzieren. Und die sich wünschen, dass Deutschland diese Situation meistert, ohne die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte über Bord zu werfen?

Ganz wichtig: Wer Angst hat oder auch nur skeptisch ist, ist nicht automatisch Nazi oder AfD-Wähler. Er oder Sie hat einfach Angst oder ist skeptisch. Punkt. Und wer der Aussage zustimmt „Es kommen zu viele Flüchtlinge in unser Land“ stellt zunächst einmal fest, dass zu viele Flüchtlinge in unser Land kommen. Eine Meinung, die von den meisten Flüchtlingen übrigens geteilt wird. Vor allem von denen in Turnhallen.

Alles in allem kann man die Bevölkerung zur Zeit grob in zwei Hälften unterteilen und in der einen Hälfte finden sich die 9-12% AfD Wähler. Allerdings auch einige Protestwähler, die von Piraten bis NPD völlig ideologiefrei irgend jemanden wählen, von dem sie ausgehen, dass er „die Mächtigen“ erschreckt. Das ist dumm, aber erlaubt. Im Kern sind gerade nicht mehr als 4-5% Hardcore Faschos unterwegs.

Fakt: Die große Mehrheit in der „skeptischen Häfte“ ist nun schon über Monate immun gegen die AfD und andere Rechtsausleger.

Das Interesse der handelnden Akteure sollte jetzt darauf gerichtet sein, die offen gestimmte Bevölkerungshälfte weiter in Ihrer Haltung zu bestätigen und den Skeptikern mit Klarheit und Bestimmtheit Ängste zu nehmen.

Der größtmögliche politische Unsinn ist, den wenigen Hardcore-Flüchtlingsfeinden permanent nach dem Mund zu reden und deren abstruse Forderungen durch eigenes Handeln aufzuwerten. Das überzeugt auf deren Seite niemanden, verunsichert aber alle anderen.

Denn auch in der skeptischen Bevölkerungshälfte will immer noch die große Mehrheit, dass Flüchtlingen geholfen wird, dass Integration gefördert wird, dass Zusammenleben harmonisch gut organisiert wird. Das nennt sich Zivilisation und ist im Land weiter verbreitet, als vermutet.

Besonders deutlich wird das in den viele Umfragen, in denen die Menschen ihr faktisches Erleben ganz objektiv und unaufgeregt wiedergeben.

Nochmal zur Meinungsforschung, diesmal Forsa:
„Haben Sie in Ihrer Gemeinde schon etwas von den vielen Flüchtlingen bemerkt?“
Nein: 34%. Ja, aber ich habe das nicht als störend empfunden: 58%.
Ja, und ich habe sie als störend empfunden: 8%.
Fazit: 92% haben entweder gar keine Flüchtlinge erlebt oder fühlen sich ungestört.

Wenn man ein Hardcore-Flüchtlingsfeind ist, dann gehört man nicht zu den 92%, die sich von Flüchtlingen nicht gestört sehen. Dann erfindet man „Störung“ oder hat sowieso schon Phantom-Schnappatmung.

Dieses Ergebnis deckt sich mit vielen anderen, etwa einer Untersuchung von Emnid. TNS Emnid fragte im Februar 2016, wie sich die eigene Situation durch die Flüchtlinge verändert habe: Gar nicht: 85%. Hat sich verbessert: 5%. Hat sich verschlechtert: 10%.

Dabei finden sich bei den Anhängern der CDU/CSU 94% die mit „Gar nicht“ oder „verbessert“ antworten, bei der SPD sind es 98%, bei den Grünen 97% und bei der Linken 95%. Nur, oh Wunder, bei den Anhängern der AfD sehen 21% ihre Lebenssituation negativ verändert. Immerhin 78% konstatieren auch dort, dass sich in ihrem persönlichen Umfeld gar nichts geändert habe.

Auf die Frage, ob man in Zukunft eine Verschlechterung der eigenen Situation erwarte, antworten 66% mit „Nein“ bzw. sogar „Verbessern“ und 30% erwarten eine Verschlechterung der eigenen Situation. Auch hier sei noch betont: Wer eine Verschlechterung erwartet, ist nicht gleich ein Gegner von Flüchtlingen. Es kann sich auch einfach um eine realistische Einschätzung handeln, die z.B. mit Kosten, Steuern etc. zu tun hat.

Das gilt es noch einmal zu betonen. Wer durch die Flüchtlingshilfe höhere Kosten für den Staat erwartet, ist kein Gegner der Flüchtlinge. Er oder Sie kann nur rechnen. Das gilt auch für Fragen der Unterbringung. Wir sollten auch bezüglich der Fragestellungen und Berichterstattung sehr klar bleiben. „Erwarte“ ich höhere Kosten oder „Befürchte“ ich höhere Kosten. Wenn die Frage mit „Befürchten“ gestellt wird und ich nur zwischen „Ja“ und „Nein“ wählen kann, bin ich mit meiner „Erwartung“ automatisch in der skeptischen Hälfte gelandet. Für viele meinungsinstabile Politiker also gleichzusetzen mit AfD. Das ist dann aber sehr, sehr falsch und kann zu sehr, sehr falschen Analysen oder gar Politiken führen.

Wie auch immer: 2/3 der Bevölkerung erwartet keine negativen Auswirkungen. Bei den Anhängern der AfD empfinden dafür bereits heute 71% heftige Phantomschmerzen, die mit ihrem Alltag rein gar nichts zu tun haben (78% erleben zur Zeit keinerlei negative Auswirkungen).

Fügt man dieser Erkenntnis die aktuellen Wahlumfragen im Bund hinzu, erkennt man rasch einen weiteren deutlichen Stabilitätsfaktor: 61% würden die regierenden Parteien CDU/CSU und SPD wählen, weitere 24% Grüne, Linke oder FDP.

Wer sich in diesem zugegeben langen Beitrag bis hierhin durchgerungen hat, dem sei meine positive Botschaft noch einmal auf den Punkt gebracht: Deutschland driftet nicht nach rechts, auch wenn 9-12% der Bevölkerung scheiße drauf sind.

Deutschland 2016 ist wesentlich internationaler, offener und moderner als Deutschland 1933, 1992 oder 2000. Nur glauben das offenbar zu wenige Akteure, die es eigentlich besser wissen müssten. Aber vielleicht liegt das auch einfach daran, dass mancher Meinungsbildner – vom Journalisten bis zum Politiker – selbst viel kleingeistiger ist, als er es bisher von sich vermutet hat. Aber so lange alle ins selbe Panik-Horn blasen, wird auch nur eines herauskommen: die komplette Dröhnung. Panik, Hilflosigkeit, Endlosschleifen, schwitzige Hände und miese Stimmung.

Die belastbaren Zahlen sprechen jedenfalls eine ganz andere Sprache als die Politik. Deutschland hat mehr Vertrauen verdient, als es von seiner Elite bekommt.

Kann man diese Flugangstseminare nicht auch im Regierungs- und Medienbetrieb anbieten? Da gibt es einen riesigen Markt!

Auch Du, Julia Brutus-Klöckner

Oder: Die Iden des März in Rheinland-Pfalz.

Vor drei Monaten lag die CDU in Rheinland-Pfalz 11 Prozentpunkte vor der SPD. Jetzt sind es noch zwei. Ähnlich wie in Baden-Württemberg droht der CDU auf den letzten Metern ein Debakel – was vor allem an der Spitzenkandidatin Julia Klöckner liegt. Und nicht an der Bundeskanzlerin.

Wie schafft man es, in nur drei Monaten einen zweistelligen Vorsprung zu verspielen? Nun, wie man das eben immer tut: Mit Hektik, überambitionierten Plänen, Panikschüben, offenen Widersprüchen, permanenten Kurskorrekturen und vor allem mit einem Wahlkampf gegen die eigene Partei. Es ist eigentlich immer das gleiche Schema – unabhängig von der Partei und der Person sind die Wahlkampf-Geschichtsbücher voll davon. Und dennoch werden diese Fehler immer wieder begangen.

Nun also Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz. Satte 41% für die CDU und nur 30% für die SPD prognostizierte die Forschungsgruppe Wahlen am 6.11.2015, also vor gerade einmal drei Monaten. Das politische Berlin hakte die Wahl ab und die Journalisten orakelten über Katastrophenszenarien für die SPD. Der Hinweis darauf, dass alle uns vorliegenden Daten zur Direktwahlfrage, den Kompetenzzuordnungen und Sympathiewerten eindeutig zugunsten von Malu Dreyer ausfallen und sich das auch in der Sonntagsfrage niederschlagen würde, wurde milde belächelt.

Jetzt sehen wir in Rheinland-Pfalz aber ebenso in Baden-Württemberg, dass die Nähe zum Wahltag entscheidend ist in einem Jahr, in dem bundespolitische und internationale Themen die Agenda bestimmen. Erst in den letzten drei bis vier Wochen vor der Wahl wird die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler langsam auf die bevorstehende Abstimmung im eigenen Bundesland gelenkt. Dies ist natürlich auch eine Folge der veränderten Mediennutzung, in der die Landespolitik einen immer geringeren Stellenwert einnimmt. In diesen Tagen beginnt nun aber die Debatte im Freundes- und Bekanntenkreis und in eher ländlich geprägten Bundesländern funktioniert diese Interaktion auch noch einigermaßen.

Kurzum: In Baden-Württemberg stellen sich immer mehr Wähler die Frage: Kretschmann oder Wolf? Offenbar fällt die Antwort immer deutlich zugunsten des amtierenden Ministerpräsidenten aus. Und in Rheinland-Pfalz lautet die Frage: Dreyer oder Klöckner?
Und auch hier zeigen alle uns vorliegenden Daten: Die noch Unentschiedenen präferieren eindeutig Malu Dreyer, während die CDU ausmobilisiert ist. Der CDU droht also, auf den letzten Metern die Puste auszugehen, während die SPD noch genug Potential besitzt, um am Wahlabend an der CDU vorbei zu ziehen.

Diese Zahlen kennt natürlich auch Frau Klöckner und so hämmerte sie über das Wochenende in einer Panikkoalition mit Herrn Wolf einen neuen kruden Plan zusammen. Ihr erster Plan, „A2“ genannt, war ja bereits gute zehn Tage alt und damit aus Sicht von Frau Klöckner offenbar völlig veraltet. Jetzt also kommt „A3“ und der einzige Unterscheid zu „A2“ ist, dass „A3“ der CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel noch heftiger in den Rücken fällt als „A2“.

Julia Klöckners neuer Plan ist nichts anderes als ein frisch gewetztes Messer im Rücken der Kanzlerin. Und nichts anderes bezweckt Frau Klöckner. In ihrem Panikwahlkampf gegen die AfD opfert Frau Klöckner nicht nur die Kanzlerin, sondern gleich die gesamte moderate CDU.

Von der Herdprämie über neue Gebühren für Kitas bis hin zu ihrer jetzt offenen Ablehnung der gleichberechtigten Homoehe, bedient Frau Klöckner die gesamte Klaviatur der CDU vor Merkel. Und vor dem 21. Jahrhundert. Vor allem aber widerspricht sie sich immer wieder selbst. Als es noch erfolgversprechend war, im Fahrwasser von Angela Merkel und Ursula von der Leyen die moderne CDU-Frau zu geben, war Frau Klöckner immer vorne mit dabei. Jetzt meint sie, dass das nicht mehr schick ist und wirft eben alles über Bord. Für harmoniegewohnte Unionswähler ist dieser offene Kampf gegen die eigene Kanzlerin natürlich höchst irritierend und demobilisierend. Gleichzeitig verprellt Klöckner die mühsam hinzugewonnenen moderaten CDU-Wähler.

Bei der Bundestagswahl 2013 kam die Merkel-CDU in Rheinland-Pfalz auf 43,3% der Stimmen. In der aktuellen Insa-Umfrage vom 22.2.2016 erreicht sie noch 35%. Julia Klöckner liegt aktuell satte 8,3% unter dem Bundestags-Wahlergebnis von Angela Merkel. Das hat natürlich auch mit dem Verlust der Moderaten zu tun. Für diese wird jetzt immer offensichtlicher, wie eine CDU nach Merkel aussehen wird: konservativ und reaktionär.

Der Effekt ist selbsterklärend: Alle, die sich erst jetzt langsam für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz interessieren, sehen nicht mehr die moderate Frau Klöckner, sondern eine stramm konservative, hektische Kandidatin, die versucht, gegen die eigene Kanzlerin zu punkten. Das mögen die Menschen nicht. Und die in Rheinland-Pfalz schon dreimal nicht.

Die SPD kam bei der Bundestagswahl 2013 in Rheinland-Pfalz auf 27,5%, heute steht sie bei 33%, also bei einem Plus von 5,5%. Die Aufgabe der Mitte durch die Klöckner-CDU eröffnet den Sozialdemokraten jetzt zusätzliches Potential. Das Momentum liegt bei Malu Dreyer, die beständig Kurs hält und den Menschen offenbar ihres Vertrauens würdiger erscheint, als die Herausforderin.

Julia Klöckner hat sich auf diesen Wahlkampf vorbereitet wie auf nichts anderes in ihrem Leben. Sie hat sich äußerlich und inhaltlich neu erfunden und versucht, jeden Trick zu lernen. Auch als jetzt ein Koblenzer CDU-Parteifreund die Ministerpräsidentin deutlich unter der Gürtellinie angriff, konnte Frau Klöckner sich nicht einfach entschuldigen. Sie musste gleich darauf verweisen, dass es so etwas immer wieder auch in anderen Parteien gebe. Ein klassischer „Spin“. Nur eben so billig und durchschaubar wie ein „Spin“ eben ist, wenn er plump und bauernschlau daherkommt. Wir Wahlkämpfer nennen es „überprogrammiert“, wenn sich ein Kandidat so randvoll gepumpt hat mit taktischen Manövern, Soundbites und Westentaschentricks, dass er am Ende implodiert.

Jetzt geht der Wahlkampf auf die Zielgerade und in den beiden Nachbarländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sieht es ganz danach aus, als ob die Staatskanzleien von Winfried Kretschmann und Malu Dreyer verteidigt würden.

Einmal mehr zeigt sich, dass man sich im Rampenlicht auf Dauer nicht verstellen kann. Charakter kann man nicht programmieren.