Von Helikoptern und Furzkissen

Für die neue Ausgabe von SPIEGEL WISSEN mit dem Schwerpunkt Kommunikation, hat mich Jan Fleischhauer im Büro von BUTTERBERLIN besucht. Wir hätten uns grundsätzlich natürlich sehr viel zu sagen gehabt, blieben aber sachlich. Also –  er zumindest. Als kleiner Teaser drei Fragen/Antworten aus dem Interview. Das ganze Gespräch gibt es natürlich nur im Heft. Denn wir lieben Print!

SPIEGEL: Es ist in der Nachkriegsgeschichte erst zweimal gelungen, einen amtierenden Kanzler durch eine Wahl aus dem Amt zu vertreiben: Kohl 1998 durch Schröder, und dann Schröder sieben Jahre später durch Merkel. Warum ist es so schwer, über Wahlen eine Veränderung an der Spitze herbeizuführen?

Stauss: Der Herausforderer hat im Gegensatz zum Amtsinhaber noch nichts bewiesen, deshalb hängt für ihn auch so viel vom Wahlkampf ab. Bei dem Oppositionskandidaten ist die Art und Weise, wie er angreift, ein Hinweis an die Öffentlichkeit, ob er regierungsfähig ist. Wenn einer nicht im Stande ist, seine Kampagne zusammenzuhalten, warum sollte er dann in der Lage sein, ein Land zu regieren?

SPIEGEL: Das heißt, Fehler wiegen bei dem Herausforderer doppelt so schwer?

Stauss: Mindestens. Rudolf Scharping hat 1994 im Wahlkampf in einer Rede Brutto- und Nettobeträge verwechselt. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft Helmut Kohl irgendwas verwechselt hat. Aber das war bei Kohl völlig irrelevant, der war bereits Kanzler. Bei Scharping hingegen hat das sofort durchgeschlagen. Dann kamen noch zwei weitere Geschichten, und er war erledigt.

SPIEGEL: Würden Sie den Auftrag annehmen, den nächsten Wahlkampf gegen Angela Merkel zur führen? Vielen in der Opposition erscheint die Kanzlerin so unangreifbar, dass sie sich Gedanken machen, wer als Fallobst gegen sie antreten könnte.

Stauss: Ich halte Merkel gar nicht für so unschlagbar…. Wenn Sie gegen Merkel gewinnen wollen, dürfen Sie aber nicht vorsichtig anklopfen. Sie dürfen auch nicht den gleichen Baldriantee zum Frühstück trinken wie sie. Das muss eine Schlacht werden, die alle wachrüttelt, mit Pauken, Trompeten, Flugzeugträgern, Helikoptern, Furzkissen und Konfetti. Man schläft sich verdammt noch mal nicht ins Kanzleramt.

Auszug aus: SPIEGEL WISSEN 3/2015: „Versteh mich nicht falsch – Erfolgreiche Kommunikation in der Liebe, im Beruf, in der digitalen Welt.” Frank Stauss im Gespräch mit Jan Fleischhauer: “Wir überschätzen Charisma.”, Seiten 94-98.

 

Liebe in Zeiten der Saarländischen Inquisition

Folgen Sie mir auf eine persönliche Erfahrungsreise von Montevideo über das Königreich Spanien, Berliner Hinterhöfe, die Windy City am Lake Michigan bis hin zum Mordor der Homo-Ehe: Saarbrücken.

Als mein Mann und ich vor jetzt auch schon wieder zwei Jahren im Souterrain der Botschaft des Königreichs Spanien am Berliner Tiergarten saßen, ahnten wir nicht, dass wir diesen Ort in nur wenigen Minuten peinlich berührt und bis auf die Knochen blamiert wieder verlassen würden. Im Fußballerjargon würde man sagen: Wir wurden deklassiert. Denn als wir dem zuständigen Konsul zur Beurkundung eines Vertrages unsere Lebenspartnerschaftsurkunde aushändigten, verstieg ich Trottel mich zu dem Kommentar: „Wir sind ja quasi verheiratet, aber bei uns heißt das Lebenspartnerschaft. Aber wir würden gerne gemeinsam beurkunden, ich hoffe, das geht bei Ihnen in Spanien.“ Der Konsul hatte kurz zuvor den Raum betreten und Aufgrund seines sehr konservativen Äußeren, des dunklen Anzuges, der gegelten Haare, der Siegel, Orden, Ringe, Bänder um und an ihm und vermutlich auch des Königs an der Wand hinter ihm, war ich so hin und hergerissen gewesen, dass ich nicht wusste, ob ich zur Begrüßung salutieren, niederknieen oder drei Ave Maria beten sollte. Also hatte ich mich nur halb erhoben und war nach seiner abwehrenden Haltung wieder zurück auf die Sünderbank geplumpst. Dieser Bilderbuch-Diplomat blickte mich nun also milde lächelnd an und sagte: „Herr Stauss, ich weiß natürlich was das ist. Natürlich wird ihre Lebenspartnerschaft bei uns anerkannt. In Spanien heißt das Ehe und ist auch eine Ehe. Wir sind da, wenn Sie erlauben, etwas weiter als Ihr Land.“

Nach Beurkundung kroch ich beschämt durch die Sicherheitsschleuse, zurück aus dem Hoheitsgebiet dieses freien Landes in mein dunkles Deutschland. Als Werber dachte ich noch an einen Slogan: „Gay Marriage. Proudly presented by the homeland of the Spanish Inquistion.“

Die waren also schon weiter. Na gut. Wenig später las ich von der Einführung der Homoehe in Uruguay und kaufte mir einen Atlas. 71 von 92 Abgeordneten hatten dort im April 2013 für die Einführung der Homoehe gestimmt und waren damit gleichgezogen mit dem Nachbarland Argentinien. Argentinien? 71 von 92? Und nun auch noch Irland. IRLAND?

Jetzt bin ich wieder in Deutschland angelangt und höre die Ministerpräsidentin eines Bundeslandes in Bezug auf die Homoehe zu Protokoll geben: „Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen.“ Homoehe = Inzest = Polygamie.

Das war es, denke ich auch, was die Mehrheit der Iren, die Abgeordneten in Uruguay, Spanien und vieler anderer Ländern angetrieben hat: Sie wollten einfach, dass enge Verwandte sich über ihre enge Verwandtschaft hinaus ehelichen können und am besten nicht nur der Bruder die Schwester, sondern der Bruder gleich zwei – ach was – alle drei Schwestern! Das hatte der Ire doch im Sinn!

Wenn man das Trauerspiel schon ein Weilchen mitmacht, härtet man naturgemäß etwas ab. Da kann man auch mit der Analyse einer durchgeknallten Ratgeberin im Westfalen-Blatt leben, die einem Vater rät, seine Kinder von der Hochzeit seines eigenen Bruders fern zu halten. „Sagen Sie Ihrem Bruder, dass Ihre Kinder an der Feier nicht teilnehmen, weil Sie nicht möchten, dass die Kinder verwirrt werden“. Das hätten wir auch berücksichtigen sollen. Als meine Schwester und mein Schwager die damals 9 und 11-jährigen Kinder mit zu unserer Hochzeit brachten, musste man davon ausgehen, dass sie nachhaltig davon verwirrt würden. Heute leben beide ihre Heterosexualität offen aus und wir können nichts mehr dagegen tun.

Man nimmt, wie gesagt, so einiges mit. Am liebsten ist mir immer noch die „Vorbildsvariante“. Also die These: wenn die Kinder sehen, dass Schwule und Lesben einfach so gut zusammenleben können, dann werden alle schwul und lesbisch. Ja sicher, das macht ja Sinn. Und bedeutet im Umkehrschluss? Dass die, die heute schon schwul und lesbisch sind, sich eines Tages dazu entschlossen haben, weil es so super ist, zu einer Minderheit zu gehören? Weil es schon immer Spaß machte, sich das saudumme Gequatsche vom Nachbartisch oder aus der Staatskanzlei des Saarlandes oder direkt von der Kanzlerin in einer TV-Debatte anzuhören?

Gefolgt von der „Vorbildsvariante“ kommt auf Platz zwei die „Toleranzvariante“. Diese lautet: „Die können doch machen was sie wollen, so lange sie es nicht nach außen tragen. Was im Schlafzimmer passiert geht schließlich keinen was an.“ Die Ehe dieser Leute spielt sich also nur im Schlafzimmer ab. Kein Kuß auf dem Bahnsteig, kein gemeinsames Abendessen bei Kerzenschein beim Italiener, kein gemeinsamer Besuch bei Freunden, kein Tasten nach der Hand des Partners im Kino, keine Reisen, keine Sorge um den Partner, wenn es ihm nicht gut geht, keine gemeinsamen Kinder, keine gemeinsame Wohnung – nur ständiger, heißer, animalischer Sex. Ehe und Partnerschaft so eng auf das Schlafzimmer zu reduzieren, wird vielen von uns Schwulen den Neid ins Gesicht treiben. Aber gut, wir sind ja tolerant. Und offenbar auch noch hoffnungslos romantisch.

Den Spaß verlieren kann man natürlich beim Thema Kinder. Besagte Ministerpräsidentin kommt zu dem Schluss „Seit Jahren heißt es, dass für die Entwicklung von Kindern Vater und Mutter die beste Konstellation ist.“ Tja. Kann sein. Und? Heißt das, dass alle anderen Varianten ins Unheil führen? Was bedeutet das für Alleinerziehende? Eine Zwangsehe? Werden im Saarland bald alleinerziehende Mütter und alleinerziehende Väter willkürlich verehelicht? Seit Jahren werben übrigens viele Bundesländer sogar in Plakatkampagnen um schwule Pflegeeltern. In Deutschland werden im Jahr etwa 40.000 Kinder von den Jugendämtern aus ihren Familien geholt. Wir können einmal davon ausgehen: diese Familien bestehen aus Vater und Mutter. Scheint ja nicht so doll zu laufen in diesen konkreten Fällen. Aber wohl nach Ansicht der Ministerpräsidentin immer noch besser, als wenn zwei Männer oder zwei Frauen sich um die verwahrlosten Kinder kümmern würden.

Wir haben in unserem Freundeskreis drei schwule Paare mit Kindern und selbst eine Pflegepatenschaft für zwei Kinder. Soweit ich das beurteilen kann, fühlen sich alle Beteiligten sehr, sehr wohl. Unsere Freunde aus Amerika durften natürlich voll adoptieren. Das Paar in Chicago hat ein mittlerweile 12-Jähriges Mädchen noch als Baby adoptiert. Die Mutter, die ihr Kind aus gesundheitlichen Gründen zur Adoption frei gab, hat meine Freunde aus dem Angebot mehrerer Adoptionswilliger mit den Worten ausgesucht: „Die beiden freuen sich bestimmt am meisten über meine Tochter.“ Ob sich andere nicht genauso gefreut hätten, möchte ich gar nicht beurteilen, aber auf jeden Fall hat die Kleine es sehr, sehr gut getroffen. Und hier kommt das nächste Argument ins Spiel: der Doppelte Vorurteilsrittberger mit Rückwärtssalto: „Ja, jetzt geht es den Kindern noch gut. Aber wenn sie in die Schule kommen, dann werden sie gemobbt, weil sie zwei Männer als Vater haben.“ Nun, in der Schule werden viele gemobbt. Und Schuld sind dann also die Eltern der Mobbingopfer. Weil sie ihr rothaariges Kind in die Schule lassen, oder ihr kleines Mathegenie, oder das schwarze Mädchen. Oder sind nicht eher die Eltern der Mobber dafür verantwortlich, dass ihre Kinder andere Mobben? Mit den Vorurteilen, die sie zu Hause vorserviert bekommen? Von besagten Kindern unserer schwulen Freunde sind jetzt schon einige in der Schule und alles läuft völlig normal. Wie so oft handelt es sich also auch hier um das eigene Vorurteil, aus dem man dann ein abstraktes „Kindeswohl“ macht. Ebenso perfide wie durchschaubar und eines einigermaßen gebildeten Menschen unwürdig.

Auch in unserer Reihenhaussiedlung ist nun bekannt, dass unsere Jungs seit drei Jahren regelmäßig bei uns sind. Mit dem Effekt, dass die Nachbarn nun auch ihre Kinder bei uns zwischenparken, um mal in Ruhe einkaufen zu können. Oder einfach nur, um in Ruhe Ruhe zu haben. Als mein Mann und ich vor kurzem vor die Türe traten fragte ein neues Nachbarkind: „Wohnt ihr beiden denn zusammen in dem Haus?“. Bevor wir antworten konnten rief eine Fünfjährige: „Das sind doch Daniel und Frank. Die sind doch verheiratet.“ Es könnte so einfach sein.

 

Merkels Ende

Fünfzig Jahre muss mich dieser Planet nun schon unter Aufbietung seiner letzten Ressourcen durchfüttern und erst jetzt habe ich die Antwort auf die Frage gefunden, wie um Himmels Willen ein Mensch auf die Idee kommen kann, konservativ zu wählen: Selbstaufgabe. The End. Finito. Basta, Aus, Adieu, Vorhang, Tusch und Schluss. Man kann nur konservativ sein, wenn man keine Perspektive mehr sieht, etwas zu ändern. Ja, ich weiß, da sind vermutlich andere auch schon drauf gekommen. Aber bis vor zwanzig Jahren galt ich noch als jung und das alles ist für mich neu. Mir ging tatsächlich gerade jetzt erst das Licht auf.

Dieses Land wird nicht unverdient perspektivlos, antriebslos und im Grunde gleichgültig bis fahrlässig regiert. Es ist selbst lethargisch bis in die Knochen. Selbst Nazis haben heute vor allem nur noch Angst und heulen einem die Hucke voll mit ihren Psychosen von Überfremdung und Islamisierung abwärts. Mitleidserregend. Der Führer tobt in der Hölle.

Die Leute haben mittags Angst vor der Nacht und morgens vorm Aufstehen. Aber wer Angst vor dem Aufstehen hat, darf eben nicht ins Bett gehen. Diese ganze angstzerfressene, wagenburgbauende, selbstbezogene, stagnierende und das ganze Land lähmende  Grundhaltung kann einen nur noch anwidern. Seit nunmehr siebzig Jahren geht es den Menschen in diesem Land jeden Tag ein bisschen besser. Ja. Das ist so. Die höchste Lebenserwartung in der Geschichte der Deutschen ist dafür wohl der beste Gradmesser. Und was resultiert daraus: Verlustangst. Nicht der Ansporn, es jetzt noch besser zu machen. Verbleibende Ungerechtigkeiten gerade jetzt auszubügeln. Unser Bildungssystem noch durchlässiger für Kinder aus allen sozialen Schichten zu machen, die Gleichberechtigung von Frauen voranzutreiben, unser Einwanderungsgesetzt zu reformieren, die Energiewende mit Mut und Zuversicht umzusetzen, Menschen im unteren Einkommensbereich bessere Löhne zu ermöglichen, Alleinerziehende endlich mit Verheirateten gleich zu stellen, Minderheiten in allen Belangen gleich zu stellen undsoweiterundsofort.

Das Streben des Menschen nach Glück ist etwas Wunderbares. Aber noch großartiger ist es, wenn der Mensch, der sein Glück gefunden hat und die Treppe nach oben erklommen hat, nicht die Tür hinter sich zuschlägt. Sondern wenn der Mensch im Glück denen, die nach ihm kommen, die Hand reicht und sie zu sich nach oben zieht. So oder so ähnlich hat es Bill Clinton schon vor zwanzig Jahren formuliert und das gilt verdammt noch mal immer noch.

Viele Deutsche sind im Augenblick wohl der Meinung, dass es an der Zeit ist, die Treppe hinter sich einzureißen. Dass es ihnen gut geht und nur weiter gut gehen kann, wenn alles exakt so bleibt, wie es ist. Tut es aber nicht. Hat es nie, wird es nie, kann es gar nicht. Es gibt einfach viel zu viel tun. Vor allem gibt es gute, spannende Dinge zu tun. Etwa die Chancen zu nutzen, dass wir heute eines der beliebtesten Länder der Erde sind. Das ist die logische Antwort auf unsere älter werdende Gesellschaft und gleichzeitig eine großartige Bereicherung für unser Land. Aber das ist nur ein Ausschnitt.

Eine progressive politische Partei kann nie Türen hinter sich zuschlagen, Stillstand als Fortschritt tarnen und Ideenlosigkeit zur Maxime politischen Handelns verklären. Sie wird immer nach Wegen suchen, dieses Land, diese Gesellschaft jeden Tag besser zu machen. Sie kann und wird nie Angst verbreiten, denn Angst ist das Ende von allem.

Für Progressive wird die Zukunft immer ein Versprechen sein, das es einzulösen gilt. Eine nie vollendete Vision. Ein Land, das niemals fertig und zu Ende gebracht sein kann, weil es immer nach neuen, besseren Lösungen und Wegen suchen wird.

Die Zeit in der wir leben ist eine Zeit massiver Veränderung. Es ist nicht der Übergang von der Dampfmaschine zur Produktionsstraße oder vom Doppeldecker zum Space Shuttle. Die Umbrüche, denen wir begegnen, sind umfassender, betreffen wesentlich mehr Menschen zeitnah und weltumspannend. Deshalb kommen heute besser ausgebildete Fachkräfte als Flüchtlinge aus Syrien zu uns als, sagen wir mal, aus der sächsischen Provinz. Was kein Wunder ist, denn vom Ausländer-Klatschen ist noch keiner Ingenieur oder Facharzt geworden.

Veränderung ist die Schwester der Unsicherheit. Aber Unsicherheit darf nicht zu Angst und Angst nicht zu Lähmung führen. Im Gegenteil. Unsicherheit muss uns wach machen und energiegeladen, damit wir die Gegenwart nicht verschlafen sondern sie gestalten.

Es wird Zeit, dieses Land wieder aus der Stagnation zu führen und den Menschen Zuversicht zu vermitteln. Aus einem verzagten Hintern kommt selten ein fröhlicher Furz, wusste ja bekanntlich schon Luther.

Es wird Zeit, dass mehr Menschen in diesem Land begreifen, dass der Fisch vom Kopfe her stinkt. Angela Merkel mag eine gute Verwalterin der Republik gewesen sein, aber jetzt ist ihr Politikstil nicht nur falsch sondern auch noch gefährlich. Wir laufen Gefahr, wie in den letzten vier Kohl Jahren, einfach nur noch verwest statt regiert werden. Die letzten vier Kohl Jahre waren die Jahre 12-16 seiner Amtszeit. So etwas darf unserem Land nicht noch einmal passieren. Die verschleppte Frischzellenkur hat Deutschland damals teuer bezahlt. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, immer mehr Menschen davon zu überzeugen, dass in zwei Jahren Schluss sein muss mit einer zwar durchaus sympathischen aber letztendlich ausgelaugten, ideenlosen und zunehmend auch hilflosen Kanzlerin.

Dieses Land braucht einen Befreiungsschlag. Und dafür brauchen wir progressive Kräfte, die Freude am Aufbruch und an der Gestaltung der Zukunft mitbringen und ihre ganze Kraft der Aufgabe widmen, Deutschland wieder besser zu regieren. Angela Merkel ist nicht die richtige für die Jahre nach 2017 und deshalb ist sie auch zu schlagen. Churchill hat einen Weltkrieg gewonnen und danach die Wahl verloren. Was hat da Merkel schon auf der Habenseite? Eben. Let’s get it on!

Laaaaangweilig: Sozen-Bashing

Sozen Bashing ist wieder mal dran. Fröhlich und sinnbefreit wird aus der linken oder rechten Arschbacke gefurzt, dass einem ganz blümerant wird.

Wer will nochmal, wer hat noch nicht? Einmal von ganz links bis ganz rechts und noch ein paar ältere Herrschaften aus der Mitte: SPD-Bashing ist angesagt. Und jeder hat einen Freifahrtschein. Die Grundlage allen Bashings: Schlechte Umfragewerte. Ja, das stimmt. Nicht schlechte Regierungsarbeit (im Gegenteil) oder schlechte Wahlergebnisse (die gibt es nämlich auch nicht), sondern schlechte Umfragewerte. Na, das ist ja mal eine ganz tolle Recherchearbeit. Vergessen ist das Mediendesaster bei der Bundestagswahl 2005 oder in Israel vor einer Woche oder in Frankreich am Wochenende – wo jedes Mal echte Wahlen die Umfragen zur Makulatur werden ließen. Und Schuld sind auch nicht die Institute, die jedem der es wissen will, ausdrücklich erläutern, dass eine Umfrage keine Prognose ist. Man könnte diesen Dilettantismus im Umgang mit Umfragen noch halbwegs entschuldigen, wenn eine Bundestagswahl irgendwo in der Nähe wäre. Ist sie aber nicht. Sie ist sage und schreibe über zwei Jahre entfernt. Bei realen Wahlen hingegen sieht die SPD wiederum gar nicht so schlecht oder sogar blendend aus, während die CDU gerne mal deutlich unter den Erwartungen zurückblieb: Hamburg (15,9%), Brandenburg (23%), NRW (26,3%).

Aber darum geht es jetzt gar nicht. Es geht eher darum, wie ernsthafte Journalisten einerseits einen Diskurs über die Zukunft des Landes einfordern, andererseits aber immer wieder ins rein Taktische zurückfallen. Um dann am Ende der SPD Taktieren vorzuwerfen. Fassen wir zusammen: In der Essenz wirft man der SPD vor, ihre Wahlversprechen Schritt für Schritt umzusetzen, daraus aber keinen Vorteil ziehen zu können. Um diesen taktischen Vorteil zu erlangen, verlangt man von der SPD entweder mehr TTIP (Blome im Spiegel) oder weniger TTIP (Prantl in der SZ). Gleichzeitig verlangt man von der SPD aber, weniger taktisch zu agieren. Nun, das ist alles so fröhlich und sinnbefreit aus der linken oder rechten Arschbacke gefurzt, dass einem ganz blümerant wird.

Lassen wir einmal beiseite, dass der einzige Input der Konservativen zur Zukunftsdebatte des Landes mal wieder „irgendwas mit Autobahnen“ zu tun hat, oder man Grüne, Linke und AfD nur unter den drei „-ös“ führen kann: komatös, nebulös, desaströs. Widmen wir uns einfach völlig sachorientiert und emotionsfrei den tatsächlichen Anforderungen der Zeit. Denn das angebliche „reine Abarbeiten“ der Wahlversprechen der SPD ist doch in Wirklichkeit ein dringend notwendiges Einschlagen wichtiger Pfeiler und Leitplanken für eine Gesellschaft im Wandel.

Der Mindestlohn ist eine Antwort auf die Frage, wie wir in diesem Land in Zukunft den Wert der Arbeit bemessen und eine extrem wichtige Grenze nach unten. Durch das Getöse einzelner Wirtschaftsvertreter nach Einführung des Mindestlohnes wurde das Scheinwerferlicht ja erst richtig auf die zum Teil desaströsen Arbeitsbedingungen in nicht wenigen Branchen unseres Landes gelenkt. Wer es bis dato nicht glauben wollte, konnte jetzt sicher sein, dass vielen Menschen nicht nur kein anständiger Lohn bezahlt wurde, sondern auch noch ihre Arbeitszeit reiner Willkür unterlag. Ja – ich erkenne an, dass es sich um schwarze Schafe einzelner Branchen handelt – aber um ziemlich viele und nicht selten unter Duldung ihrer Branche.

Was aber bedeutet ein Mindestlohn auch für die digitale Zukunft? Nun, wie man am Beispiel UBER sieht, eine ganze Menge. Digitale Zukunft bedeutet eben manchmal auch, dass Ausbeutung und Selbstausbeutung unter dem Deckmantel der Moderne daherkommen. Und es zeigt auch, wie Sigmar Gabriel richtig sagt, dass es nicht darum gehen kann, alle hart erkämpften Rechte aus der analogen Welt automatisch zu entsorgen, nur weil es schwieriger wird, sie in der digitalen Welt einzuhalten. Im Gegenteil.

Und das führt uns auch gleich zu Fragen wie der Mietpreisbremse. Diese ist keine Antwort von Gestern, sondern ein weiterer Eckpfeiler für Morgen. Landflucht und Konzentration auf wenige, attraktive Städte ist ja kein deutsches, sondern ein weltweites Phänomen. Dieses wird uns weiter begleiten und auch hier ist es Aufgabe der Politik, den Rahmen zu setzen. Die Mietpreisbremse ist ein flexibles Instrument, das für einzelne Städte oder Stadtteile wirksam eingesetzt werden kann – aber in anderen gar nicht nötig sein wird. Also auch hier haben wir es mit einer Zukunftsfrage zu tun, die weit mehr Menschen betreffen wird, als wir heute annehmen.

Was wir unter dem sperrigen Begriff der „Entgeltgleichheit“ diskutieren, ist ebenso eine Antwort auf die Gerechtigkeitsfrage wie auf den zukünftigen Fachkräftemangel. Es geht hier erneut um die Anerkennung des Wertes von Arbeit, aber am Ende auch um einen Ansporn an Mädchen und junge Frauen, die sehen sollen, dass sich ihre Ausbildung lohnt und ihre guten Abschlüsse am Ende auch etwas wert sind. Die Frauenquote in Aufsichtsräten sendet ein zusätzliches Signal an Mädchen, dass sie in diesem Land alles werden können. Und dass dieses Land das auch will.

Viele weitere Themen, wie etwa die Familienarbeitszeit, die Energiewende und natürlich auch die Frage von Sicherheit und Datenschutz in Zeiten grenzenlosen Terrors sind wichtige Debatten, die aber auch irgendwann einer Antwort bedürfen. Die SPD quatscht daher nicht nur, sondern sie setzt auch um. Manchmal unter Schmerzen und mit Lust zur Debatte – aber am Ende auch mit einem Ergebnis.

Die doppelte Staatsbürgerschaft und auch die Integrationsdebatte sind ein weiterer Ausweis: Dieses Land wäre weiß Gott schon weiter, wenn weite Teile von CDU/CSU nicht alles blockiert hätten, was sie jetzt unter Schmerzen doch als richtig anerkennen müssen. Häufig sind doch diejenigen, die mangelnde Integration bemängeln die gleichen, die sie aktiv verhindert haben und erst den Nährboden für Resignation und Radikalisierung geschaffen haben. Da lob ich mir doch eine SPD, die auf diesem Feld schon lange einen klaren Kurs fährt. Auch wenn ihr das über viele Jahre „taktische“ Probleme bereitet hat.

Heute schon stellt diese Regierungspartei viele wichtige Weichen für die Zukunft, die vor lauter Besessenheit der Medien mit taktischen Fragen, Umfragen oder Stinkefingern untergepflügt werden. Dennoch wird sich dieser Kurs am Ende als der richtige erweisen. Denn er bringt Deutschland an entscheidenden Stellen voran. Im Gegensatz zu diesem laaaaaangweiligen, unkreativen, hirnverödenden, unfassbar vorhersehbaren und intelligenzuntertunnelnden Taktik- und Koalitionsgeblubber. So. Jetzt bitte weitermachen. Danke.