Nach PEGIDAs Ende (Teil 1)

Nach dem Export-Flop und absehbarem Ende der PEGIDA ist es Zeit für eine erste Analyse, wie es gelang, die Bewegung zu besiegen.

150 Hanseln in Düsseldorf, 200 in Saarbrücken, 300 in Berlin, 150 in Hannover – nachdem es PEGIDA auch nach den Anschlägen von Paris nicht gelungen ist, über Sachsen hinaus zu strahlen, ist es an der Zeit, die Bewegung dorthin zurückzuschicken, woher sie gekommen ist: in den braunen Sumpf der sächsischen Landeshauptstadt. Dresden hat ganz offensichtlich ein Problem. Der Rest der Republik kann sich jetzt wieder Wichtigerem zuwenden und hoffen, dass die Dresdner dieses Problem lösen und unsere Gesellschaft nicht weiter mit ihrer verschleppten Geschichtsaufarbeitung belästigen. Deutschland ist wesentlich größer und wesentlich weiter als Dresden. Wenn die Stadt ihr mittlerweile internationales Schmuddel-Image wieder ablegen will, muss jedenfalls mehr passieren als eine Gegenkundgebung mit 35.000 Menschen am Samstag.

Wie gelang es nun, PEGIDA einzugrenzen und zu stoppen? Eines ist klar: jedenfalls nicht mit Verständnisheuchelei, Anbiederung und verschwurbelter Dialogbereitschaft. Unser heutiges Kommunikationsverhalten und Medienangebot hat schon seit Jahren zu einer immer weiter zunehmenden Zersplitterung des Konsums von Nachrichten geführt. Dies führt auch immer mehr dazu, dass sich zahlreiche Menschen völlig aus dem Nachrichtenzyklus ausklinken und ein harmloses Leben zwischen Soap-Opera, Sport und Showbiz-News verdaddeln – oder sich aber ihre Nachrichten selbst konfigurieren. Ich sehe nur noch, was ich sehen will und höre nur noch, was ich hören will. In den USA begann dies vor vielen Jahren mit der klaren Positionierung von Nachrichtenkanälen (Fox News für die Republikaner, MSNBC für die Demokraten) und setzt sich international fort bis zur Freakshow von Russia Today. Nun ist der Konsum von Medien nach politischer Präferenz keine Erfindung der Neuzeit (SPIEGEL vs. FOCUS; FAZ vs. SZ usw.), jedoch führt die Ausblendung aller anderen Kanäle durch viele Menschen zu einem gesellschaftlichen Kommunikationsvakuum. Der früher übliche Konsum einer Tageszeitung – und war sie auch noch so schlecht – sorgte trotz einer politischen Präferenz doch noch für Pluralität und Vielfalt. Irgendwann las man sich nach dem Sportteil doch noch bis zum Wirtschaftsteil oder gar dem Feuilleton durch. Und sei es auch nur aus Langeweile. Heute kann ich das völlig ausblenden und mich hierbei auch noch in entsprechenden Foren ständig bestätigen lassen.

Das Fazit für die Kommunikation heißt: Klare Kante. Ganz besonders angesichts gefährlicher Tendenzen. Dabei geht es nicht um 15.000 oder 25.000 Menschen in Dresden – es geht darum, alle Grenzgänger möglichst laut und deutlich zu erreichen. Also genau die, die sich in Hannover, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln usw. am Ende entschieden haben, nicht für Hass und Ausgrenzung auf die Straße zu gehen. Verstanden hat dies als erster – und für einige Tage auch als einziger – Bundesjustizminister Heiko Maas. Er hat in der ganzen Debatte den klarsten, schärfsten und auch treffsichersten Ton angeschlagen. Ihm folgte die Kanzlerin mit ihrer Weihnachtsansprache und auch mit dem klaren Statement: „Der Islam gehört zu Deutschland“, für das bereits Altbundespräsident Wulff Respekt gezollt werden muss.

Deutschland brauchte Orientierung in diesen Tagen. Sie kam. Vom Bundespräsidenten, von der Bundeskanzlerin, von der Bundesregierung und der gesamten Opposition. Und das war wichtig. Ersten Irrlichtereien von de Maizière und manchem CSU-Wirrkopf folgten nach Paris unerwartet klare Aussagen vom Bundesinnenminister und auch vom CSU-Vorsitzenden.

Diese Klarheit auf vielen Kanälen erreichte durch ihre Massivität gerade die potentiellen Mitläufer – und um die ging es. Deutschlands Diktatoren der Vergangenheit waren ja nicht so erfolgreich, weil sie so brillant waren, sondern weil sich genug Mitläufer fanden. Doch Mitläufer laufen nur dann mit, wenn sie sich Erfolg davon versprechen. Was besonders bürgerliche potentielle Mitläufer abschreckt, ist, dass sie am Ende nicht nur bei den Verlierern enden, sondern auch noch beschmutzt und besudelt aus der Sache rauskommen (und am Ende die Führerbüste im Hinterhof verscharren müssen). Natürlich bedeutet dies nicht, dass das Gedankengut der PEGIDA damit verschwunden ist. Das ist es nicht und an manchen Stellen tut es nach wie vor Not, die Vorzüge einer offenen Gesellschaft klarer zu erläutern. Dies gilt gerade für die konservativen Parteien, die immer wieder rückfallgefährdet sind. Aber hinter die klaren Bekenntnisse ihrer Vorsitzenden kommen nun auch CDU und CSU nicht mehr zurück.

All dies führte am Ende dazu, dass PEGIDA aus Sachsen nicht herauskommt und wer Gleichgesinnte sucht, muss nach Dresden fahren. Das sind dann vielleicht mehr als beim letzten Mal – doch nur deshalb, weil es eben nur dort funktioniert. Wenn PEGIDA also in Dresden 20.000 oder von mir aus auch eines Tages 30.000 Menschen auf die Straße bringt, muss man sagen: Mit 30.000 Irren kann ein 80-Millionen-Volk schon klarkommen.

Deutschland hat sich in diesen Tagen als stabile und wehrhafte Demokratie erwiesen. Besonders starke Signale kamen dabei aus München. Die Stadt kann stolz darauf sein, die Demonstrationen gegen PEGIDA mit der ersten Großkundgebung angeführt zu haben.

Dresden kann auf gar nichts mehr stolz sein. Dresden muss sich jetzt besinnen. Etwas läuft dramatisch falsch in dieser Stadt und bei ihren Bewohnern. Am Ende dieser Besinnung darf nur eines nicht stehen: die so lieb gewonnene Opferrolle. Die hat Dresden endgültig verspielt. Dresden ist nicht Opfer, sondern gleichzeitig Endstation und Hauptstadt der Bewegung. Einer schrecklichen Bewegung.

Teil 2: Nach PEGIDAs Ende: Wie wollen wir mit unserer Demokratie in Zukunft umgehen? Am 15.1. auf carta.info und frank-stauss.de

Wutbürger der Aufklärung

Ich muss nicht Verständnis aufbringen für die Sorgen und Ängste von Menschen, die offenbar zu kalt und gefühlsverarmt sind, um zu erkennen, welche Ängste ihre instinktlosen Demonstrationen bei Flüchtlingen und Einwanderern auslösen.

Ich muss nicht verstehen, warum 25 Jahre nach dem Mauerfall – in nahezu ausländerfreien Zonen –  Menschen gegen Ausländer auf die Straße gehen, nur weil sie nach über zwei Jahrzehnten nicht kapiert haben, womit Deutschland sein Geld und seinen Wohlstand verdient: mit Internationalität.

Ich muss nicht ertragen, dass eine Demonstrantin in Dresden in die Kamera spricht: „Wir sind nicht ’89 auf die Straße gegangen, damit die jetzt alle kommen“ während sie so aussah, als sei sie ’89 nur auf die Straße gegangen, um bei ihrem Führungsoffizier die zu verpfeifen, die wirklich gingen. Diese Demonstrationen „Montagsdemonstrationen“ zu nennen, ist eine weitere Instinktlosigkeit gegenüber denjenigen, die ’89 für Freiheit und offene Grenzen auf die Straße gingen.

Ich muss nicht akzeptieren, dass Menschen, die seit Jahrzehnten direkt und indirekt Transferleistungen in bisher ungekannten Höhen entgegengenommen haben, nun nicht einmal Flüchtlingskindern ein Dach über dem Kopf gönnen.

Ich muss nicht wie CSU und manche in der CDU die Fehler vor allem dieser beiden Parteien aus den 60er bis 90er Jahren wiederholen und diesen eiskalten Demonstranten auch noch verbale Zückerchen zuwerfen – von AfD und der anderen braunen Brut ganz zu schweigen.

Ich muss nicht christlich sein zu Menschen, die angeblich die christliche Tradition verteidigen, um dann ausgerechnet zur Weihnachtszeit Hass und Ausgrenzung zu predigen.

Ich muss nicht nach Ursachen suchen, um den niedersten Instinkt, zu dem die menschliche Rasse fähig ist, zu erkennen: Das Treten nach unten und das Abwälzen persönlicher Probleme und Unfähigkeiten auf willkürlich ausgewählte Sündenböcke.

Ich muss nicht ertragen, dass Menschen, die seit Jahren den Hintern nicht bewegt bekommen, ausgerechnet dann aktiv werden, wenn es gegen Minderheiten geht.

Ich muss nicht daran erinnern, dass die deutschen sozialen Sicherungssysteme im Jahr 2012 über 22 Milliarden EUR netto durch Einwanderer und deren Nachfahren eingenommen haben – und dass diese Gelder am Ende dem Pöbel von Dresden auch noch die Rente zahlen werden.

Ich muss nicht diplomatisch sein, sondern so, wie noch viel mehr Menschen in Deutschland sein sollten, offensiv:

Braune Brut von Dresden: Ihr seid die Schande Deutschlands.
Unbarmherzig, hasserfüllt, menschenfeindlich und aus ganzem Herzen verachtenswert.

Sozialdemokratische Jammerlappen

In der SPD wird mal wieder lamentiert. Es wurde ja auch Zeit, denn Jammern gehört für viele dort zum Handwerk, das aus ihrer Sicht viel zu lange vernachlässigt wurde. Aber jetzt gibt es ja wieder einen Anlass: 5 Jahre Sigmar Gabriel als Parteivorsitzender.

Dies bedeutet für seine Amtszeit unter dem Strich: Die Rückeroberung strategisch wichtiger Länder wie allen voran Nordrhein-Westfalen (SPD 39,1%, Abstand zur Union: +12,8%), Hamburg (SPD 48,4%, Abstand zur Union: +26,5%), Niedersachsen (SPD 32,6%, Abstand zur Union: -3,4%), Schleswig Holstein (SPD 30,4%, Abstand zur Union: -0,4) das Halten von Bremen (SPD 38,6%, Abstand zur Union: +18,2%), Berlin (SPD 28,3%, Abstand zur Union: + 4,9%), Brandenburg (SPD 31,9%, Abstand zur Union: +8,9%), Mecklenburg Vorpommern (SPD 35,5%, Abstand zur Union: +12,6,%), Rheinland-Pfalz (SPD 35,7%, Abstand zur Union: +0,5%);  neue Regierungsbeteiligungen im Saarland (SPD Zugewinn 6,1%), Sachsen (SPD Zugewinn +2%). In Hessen gewann die SPD 7% hinzu, blieb aber dennoch aus der Regierung, in Sachsen Anhalt gab es ein leichtes Plus (0,1%) in Bayern ebenfalls (+2%), in Baden-Württemberg ein leichtes Minus (-2,1%), dafür eine Regierungsbeteiligung und ein tatsächliches Desaster in Thüringen.

Auf Bundesebene gewann die SPD 2,7% hinzu, wurde wieder Regierungspartei und setzte innerhalb weniger Monate zentrale Wahlversprechen vom Mindestlohn über die Rente mit 63 oder auch die Mietpreisbremse um oder aber steht kurz vor deren Umsetzung.

Also ehrlich. Das ist doch mal eine richtig beschissene Bilanz.

Mannmannmann, wie kann der Kerl überhaupt noch morgens aufstehen.

Thüringer Veggie-Wursttage

Das Problem für die SPD in Thüringen ist, dass sie das entscheidende halbe Prozent zu wenig verloren hat. Aber welchen Gaul reiten eigentlich die Grünen und was hat er vorher bekommen?

Diese ganze scheinheilige Debatte darüber, ob 25 Jahre nach dem Mauerfall die Linke einen Ministerpräsidenten stellen können sollen darf oder nicht ist absurd. Moralisch, ethisch, historisch macht es keinen Unterschied, ob die Linke unter der SPD regiert oder ob sie den MP stellt. Entweder ist beides falsch, oder nichts. Und da wir nun schon seit 1994 eine Tolerierung (Sachsen Anhalt) und seit 1998 ein Regieren der SPD mit der Linken bzw. PDS (Mecklenburg Vorpommern) auf Länderebene kennen, ist der Käse ja wohl gegessen, dieser Drops gelutscht usw.

Taktisch gesehen – und das ist ja eher mein Beruf – liegt das große Dilemma der Thüringer SPD vor allem darin, trotz beeindruckender und mit viel Liebe zum Detail eingefahrener Verluste, am Wahltag nicht genug verloren zu haben, um sauber aus dem Schneider zu sein. Nur wenn keine Regierungsmehrheit für Schwarz-Rot oder Rot-Rot-Grün zustande gekommen wäre, hätte die SPD entspannt die (kleine) Oppositionsrolle einnehmen dürfen, die ihr die Thüringer ganz deutlich zugeteilt haben. Dann hätte der Ball bei allen anderen im Feld gelegen und im schlimmsten Fall wäre es eben zu Neuwahlen gekommen. Da darf man das Volk aus meiner Sicht auch nicht aus der Verantwortung lassen.

Wenn das Volk instabilen Mist wählt, muss es eben so lange wählen, bis kein instabiler Mist mehr dabei rauskommt – das sind ja schließlich alles erwachsene Leute.

Wer die Thüringer SPD ein bisschen beobachtet erkennt, dass aus einer kleinen Menge Menschen mit dem gleichen Parteibuch nicht automatisch eine eingeschworene Gemeinschaft wird. Schlimme interne und seit nunmehr Jahrzehnten andauernde Feind- und Seilschaften haben die Partei an den Rand ihrer Existenz gebracht. Da mag die CDU im Land auch noch so arrogant und selbstverliebt regiert haben – Profit konnte die SPD weder in der Opposition noch in der Regierung daraus ziehen. Vor allem, weil sie sich selbst einfach nicht leiden kann. Und wie wir das aus jeder menschlichen Beziehung kennen, haben Personen mit solidem Selbsthass meist wenig Energie übrig, um andere zu lieben und für sich zu gewinnen.

Jetzt also strebt der übrig gebliebene Rumpf der Partei ein Dreierbündnis mit einer Stimme Mehrheit an, in dem die SPD den beliebten Mittelplatz bekommt. Das kann man natürlich machen. Man kann es aber auch sein lassen. Ein Dilemma bleibt es in jedem Fall. Denn auch Schwarz-Rot hätte nur eine Stimme Mehrheit gehabt und ist in der SPD natürlich mindestens ebenso umstritten. Mit viel gutem Willen kann man also noch verstehen, dass die innere Verfasstheit es der Thüringer SPD verbat, aus dem aktuellen Desaster heraus noch einmal in den Wahlkampf ziehen zu müssen. Vor allem auch aus Mangel an Kandidaten. Einer wurde schon vorher abgesägt, die Zweite verbrannt und der Dritte wartet mal wieder lieber ab – vielleicht länger als es die Partei noch gibt, für die er kandidieren könnte.

Nun braucht man für ein Dreierbündnis aber drei. Und jetzt komme ich beim besten Willen nicht darauf, warum Die Grünen da mitmachen. Die hätten nun wirklich den allerschlankesten Abgang hinlegen können. Ein Hinweis des ungefähren Inhaltes „Sorry, aber das riecht nach Harakiri“ und alle hätten sofort genickt. Denn es riecht ja auch nach Harakiri. Wenn man Harakiri überhaupt riechen kann, dann hier. Also was kann es sein? Nach gründlicher Abwägung aller mir vorliegenden Informationen komme ich auf absolut nichts, was diese Partei in diesem Bündnis zu suchen hat. Selten erlebe ich mich wirklich ratlos vor mir selbst. Jetzt ist es soweit. Wer das Gras findet, das die dort geraucht haben, nur der findet auch den Schlüssel zu dieser Frage. Ich suche weiter.