Fun Facts zur US-Wahl (Part 2)

Battleground-Airport-Hangar-Hopping

Während die Präsidentschaftskampagnen in den USA langsam auf die Zielgerade einbiegen, beobachten wir wieder mit mehr oder weniger Erstaunen das intensive Bearbeiten der entscheidenden Battlegound-Staaten (siehe auch Part 1). Kamala Harris, Tim Walz, Donald Trump und JD Vance landen in unterschiedlichen Städten der umkämpften Staaten und folgen sich manchmal binnen Stunden auf dem Fuße. Vor Ort ist dann meistens keine Fahrt in die jeweilige Stadt eingeplant, da dies nur unnötig Zeit kosten würde. Statt dessen werden die Wahlkampfveranstaltungen meist in einem leeren Airport-Hangar abgehalten. Die jeweilige Ground-Staff vor Ort hat dann den Job, manchmal nur mit kürzester Vorwarnung hunderte oder tausende Fans an den Flughafen zu karren und den trostlosen Hangar binnen Stunden in eine Wahlkampf-Arena zu verwandeln.

But why? Stan Greenberg, legendärer Meinungsforscher, hat dies bereits 1992 für die Clinton/Gore-Kampagne festgestellt: „Ein Trip in einen Bundesstaat hat einen sofortigen Effekt von 2, manchmal sogar 3 Prozentpunkten. Es ist fast wie in einem Football-Match – wer den Ball zuletzt bekommt, kann den Unterschied machen und eine knappe Niederlage in einen knappen Sieg verwandeln.“ (ABC Nightline, 72 Hours to Victory – Behind the Scenes with Bill Clinton, Erstausstrahlung 4.11.1992).

Wichtig sind dabei natürlich nicht die eigenen Supporter vor Ort, sondern die Lokalen Media-Marktes. Also die lokalen TV-Stationen, Radio-Stationen, News-Channel, natürlich heute auch Influencer und die noch vorhandenen Tageszeitungen. Sie berichten in den lokalen Fenstern der Networks oder eigenen Kanälen im jeweiligen Bundesstaat und erreichen so direkt die Menschen vor Ort.

So kommt es, dass manchmal ein regelrechtes Rennen in die jeweiligen Media-Marktes erfolgt und sich aktuell Trump/Vance und Harris/Walz – Flugzeuge binnen Stunden folgen – oder sich sogar auf dem gleichen Flughafen begegnen – während Tim Walz gerade startet und JD Vance landet.

Je näher der Wahltag rückt, desto irrer wird es. Denn jetzt heißt es für die jeweilige Kampagne: Time is runnig out – money is running out. Wohin gehen wir noch? Wo haben wir noch eine Chance? Schicke ich meinen Kandidaten lieber nach PA oder WI? 

Manchmal sieht man einer Kampagne auch ihre Verzweiflung an der Planung der letzten Tage an. Wenn George W. Bush etwa 1992 noch nach Florida muss, weil er sich nicht sicher sein kann, den eigentlich sicheren Staat zu gewinnen (er gewann ihn mit 1,8% Vorsprung), kann er nicht noch nach PA oder Ohio. Wenn Barack Obama als prominentester Surrogate-Speaker (Ersatzredner) der (Hillary-) Clinton/Kaine Kampagne 2016 kurz vor dem Wahltag noch in New-Hampshire (4 Wahlmänner) auftaucht, weiß man, dass die Hütte brennt.

Die Routen werden nach aktuellen Umfragen noch korrigiert, so dass manchmal Events in letzter Minute abgesagt und andernorts anberaumt werden. Dann stehen halt ein paar hundert Leute im dekorierten Hangar und es kommt keiner – zumindest keiner den man sehen wollte. Sondern im Zweifel der Gouverneur oder Senator vor Ort, der schnell einspringen muss.

Dass Wahlkampf Chefsache ist, bewies Bill Clinton, der am 2. November 1992 dem letzten Tag vor der Wahl noch 9 Wahlkampfauftritte in 9 Bundesstaaten bestritt – und zwar von Nord nach Süd u.a. mit Pennsylvania, Ohio, Michigan, Missouri, Kentucky, Arkansas.

Umstritten in seinem Team war ein Stop in Paducah, Kentucky (27.000 Einwohner). Bill Clinton dazu: „My staff didn’t want me to go there because ist is not a big media market. And I said: You don’t understand. We get Kentucky and it touches southern Illinois, Tennessee, Indiana, even Missouri…so we have a multi-state-impact right here.“ Und so kam es auch. Die Übertragungswagen kamen aus allen genannten Staaten. (Siehe „ABC Nightline oben). Ich fürchte dazu gibt es noch so viel zu sagen, dass ich das in Part 3 packen muss.

Da ich in der zentralen Rednereinsatzplanung der Clinton/Gore Kampagne arbeitete, anbei ein Screenshot aus dem täglichen Plane-Schedule der Kampagne (Yes – it’s a fax!). Wir sehen hier sehr schön, wie die Flugzeuge von Bill Clinton (BC) und Al Gore (AG) sowie das Presse-Flugzeug koordiniert werden. BC startet zuerst, gefolgt von AG, dann hat die Presse ihre Bilder der abfliegenden Kandidaten gemacht und kann zu Ihrem Flieger rennen, der als letzter startet. In der Luft überholt das Presseflugzeug die anderen, landet zuerst und die Presse kann aus dem Flugzeug rennen, um die ankommenden Kandidaten zu filmen…and so on.

If it’s not on air – it didn’t happen. Was nicht gesendet wird, hat nicht stattgefunden (kann man sich also sparen). Alter Campaigner-Spruch.

That’s all. Thank you for your attention.