Gegen flatternde Nerven, heulende Ministerpräsidenten und Schaltfehler in den Synapsen des Innenministers hilft nur: der ultimative Grössenplan.
Findet man dieser Tage nicht rasch genug die Fernbedienung, um den heulenden und greinenden Seehofer wegzuzappen, der seine persönliche Überforderung und die seiner Regierung auch noch unentwegt der uninteressierten Öffentlichkeit mitteilen muss, kann einen schon eine Verwirrung der Gefühle ergreifen. Sag doch bitte einer dem Mann, dass Pressekonferenzen keine Therapiesitzungen sind.
Was ist aus den einst so stolzen Bayern geworden, dass sie sich solch ein Weichei an die Spitze wählen? Betteln, bitten, flennen –die große Angela soll es richten – wir hier können es nicht – wir sind zu klein und zu arm! Und wenn es die große Angela nicht richtet, dann bilden wir das neue Bayrisch-Ungarische Mordor Europas mit Stacheldraht, Mauern (und Schießbefehl?) aber ohne Österreicher, denn die mögen wir nicht mehr nicht. Nein.
Wegzappen. Weiterzappen zu: de Maiziere. Oh je. Da fabuliert der Bundesinnenminister der Bundesrepublik Deutschland, dass er gehört habe, dass Flüchtlinge mit dem Taxi! Jawoll. Mit dem Taxi! Und nicht mit dem Fernbus! Kreuz und Quer durch die Republik – und überhaupt – woher haben die das Geld? Ja, lieber de Maiziere, vermutlich von ihrem Konto. Woher man halt Geld nimmt. Denn wo bitte steht geschrieben, dass man arm sein muss, um aus einem Bürgerkrieg zu fliehen? Ich gebe zu – würde ich heute aus Deutschland fliehen müssen, weil mir sonst Folter und Tod drohten – ich würde mein Geld mitnehmen. Doch, das würde ich. Und zwar alles. Es ist ja auch meins. Dem de Maiziere würde ich es jedenfalls nicht geben.
Und dann lese ich noch von einem eher unbedeutenden Berliner CDU-Politiker, dass man diesen Wilden, die da zu uns kommen, unbedingt beibringen müsse, dass die Gleichstellung von Mann und Frau aber so was von unantastbar sei! Jawoll. Gut, das mit den Schwulen, das ist vermutlich wiederum Verhandlungssache, da sind die Taliban aus Sicht der Berliner CDU weiter als wir. Aber Mann und Frau – Gleichberechtigt – das hat in CDU/CSU Jahrzehnte gedauert, bis das fast ganz vielleicht anerkannt war – das lassen die sich von den Flüchtlingen nicht mehr kaputt machen. Die Männer in der Union. Die eben noch für die Herdprämie waren.
Gestern fuhr mich im Taxi ein Bulle von einem Mann. Ein Nacken wie ein Stier, Oberschenkel statt Oberarme und ein Gesicht zum fürchten. Kaum saß ich im Wagen, fing er an zu heulen. Wie das denn alles gehen sollte. Es seien ja so viele „Kanacken“. Als ich ihn bat genau hier, also 5 Meter weiter, anzuhalten und mich aussteigen zu lassen, fing er wiederum zu weinen an, dass das doch so nicht gemeint sei und so weiter und so fort. Es entspann sich dann tatsächlich noch so etwas wie ein Dialog, der gar nicht so hässlich endete, wie ich es ersehnt hatte, um dieser Muskelmemme mal ordentlich die Leviten zu lesen.
Er sprach also davon, dass die doch alle aus einem ganz anderen Kulturkreis kämen, und wie das denn gehen sollte. Ich erwiderte ihm: ungefähr so, wie die letzten 60 Jahre auch. Zumindest in dem Teil der Republik, den man früher als Westen bezeichnete. Und das klappte ja alles in allem ganz gut. Sieht man sich die Belegschaften von Mercedes Benz, BMW oder anderen deutschen Erfolgskonzernen an, hat man ja keinen Mangel an Namen, die nicht unbedingt der vaterländischen Ursuppe entsprungen zu sein scheinen. Kürzlich las ich auch eine Anzeige von Penny, in dem das Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dankte. Beim Zählen kam ich ungefähr auf jeden fünften Namen, den man als eindeutig deutsch identifizieren konnte.
So plauderte ich vor mich hin, bis der der Fahrer dann irgendwann erwiderte – „also meine Kollegen sind ja auch alle Türken. Das klappt prima, muss ich sagen.“ Hat er gesagt. Nicht von mir erfunden. Es gibt halt solche und solche – auch unter den deutschen, war dann die Formel, auf die wir uns verständigten. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Kostete aber mich 20 Minuten und ihn Trinkgeld.
Was für einen erfrischenden Unterschied zu den heulenden Männern machen doch in diesen Tagen die Frauen in der Politik. Bundeskanzlerin Merkel, die nur noch nervenflatternde Parteifreunde um sich hat, sagt sinngemäß: „Ist jetzt so. Gehen wir jetzt durch. Anpacken.“ Arbeitsministerin Nahles sagt wörtlich in der SZ: „… es ist eine Hochzeit der Politik. Man kann viel gestalten – das gefällt mir, auch wenn es mich in diesen Tagen einige Stunden Schlaf kostet.“
Was haben diese Frauen, was viele Männer nicht haben?
Nun, zunächst einmal keine Angst. Und wenn man keine Angst hat, kann man auch besser arbeiten. Das ist wirklich eine Hilfe. Früher hatte ich Flugangst, bis ich ein Anti-Flugangst-Seminar besuchte. Heute kann ich im Flugzeug super arbeiten statt mich in lähmender Angst an den Sitz zu krallen. Gut, meistens schlafe ich, aber das ist jetzt nicht der Punkt. Warum 80 Millionen Deutsche vor einer Million plus x Flüchtlingen Angst haben sollen, hat mir noch niemand erklären können. Und es wäre doch schön, wenn die Flattermänner das auch immer wieder betonen würden, statt öffentlich zu weinen.
Da alle nach einem Plan rufen, aber keinen haben, beuge ich mich dem Flehen und offeriere hier meinen Größenplan für Deutschland.
- Ich empfehle dringend Anti-Flüchtlingsangst-Seminare für Politiker in Leitungsfunktionen. Und für manche flatternde Nerven auch Anti-Umfrageangst-Seminare. Denn allen, die jetzt darauf verweisen, dass „die Stimmung kippt“ sei gesagt: Zwischen „Ich denke, das sind jetzt ein bisschen viele“ und „Ich ziehe nach Sachsen“, gibt es noch jede Menge Variationen. Nicht jeder, der die objektive Feststellung teilt, dass es ziemlich viele Leute sind, die da kommen (finde ich auch, die Kanzlerin auch und die Flüchtlinge finden das übrigens auch), erkrankt deshalb gleich am Mauerbausyndrom oder akuter Hitleritis. Also: bitte entspannen und an Blumenwiesen denken. Danke.
- Ich empfehle im zweiten Schritt Kinder-Land-Verschickungen. Liebe Jugend in den Metropolen Deutschlands, es wird Zeit, dass Ihr euch um eure Opas, manchmal auch Papas und Onkels kümmert, die ihr auf eurer berechtigten Suche nach Glück und Arbeit in einem leicht bis stark paranoiden Paralleluniversum landseits zurück gelassen habt. Einige von ihnen drohen nun, in die Radikalisierung abzudriften. Aber es gibt kein besseres Mittel gegen die Radikalisierung, als eine wache, funktionierende Familienstruktur. Deshalb, liebe Enkel, Neffen, Nichten – greift mal wieder zum Telefon oder setzt euch in Bus und Bahn und fahrt mal wieder nach Dresden oder noch kleinere Dörfer und sprecht mit eurer Verwandtschaft. Erzählt ihnen von eurem Leben und euren Erfahrungen in der Schule, auf der Arbeit, und der Uni. Erzählt ihnen davon, dass kein Mensch mehr fragt, welcher Religion der andere angehört und die Trennlinie eher zwischen Flexitariern und Veganern (nein, die sind nicht aus „Raumschiff Enterprise“) verläuft, als zwischen Christen und Muslimen. Erzählt Ihnen, dass euch wahrhaftig im Leben viele Arschlöcher begegnen, diese sich aber nicht durch ihre Staatsbürgerschaft oder Hautfarbe auszeichnen, sondern durch ihr Verhalten. Und erzählt ihnen vor allem, dass sie sich um euch keine Sorgen machen müssen, sondern wenn, dann darüber, dass Opa durch sein Verhalten eure Zukunft verhagelt und es in vielen Dörfern bald nur noch Rollatoren-Rennen als Hauptattraktion geben wird. Es sei denn, sie lassen endlich mal wieder frisches Blut ins Land und ins Dorf.
- Ich empfehle drittens: Offensive Planlosigkeit. Viele Menschen, einschließlich zahlreicher Grüner, Linker und nicht so linker fordern jetzt Pläne, Masterpläne und Großmasterpläne. Well. Imagine: There is no plan. Kein kleiner, kein großer. Deswegen implodieren bei Menschen wie de Maiziere ja auch die Synapsen. Error, error, error – puff-bang aus. Die Flüchtlinge, die gerade zu uns kommen, hatten nicht geplant, dass ihr Land in Schutt und Asche versinkt, die Auffanglager der Nachbarländer überfüllt und unterfinanziert sind und eine Reihe europäischer Länder vergessen haben, was europäische Wertegemeinschaft faktisch bedeutet. Wenn es keinen Plan gibt, muss man eben das Beste draus machen. Und den Menschen auch sagen, dass man jetzt eben das Beste draus machen muss. Dann machen sie auch das Beste draus. Das ist der Plan.
- Ich empfehle viertens: Glückshormone. Wer hätte gedacht, dass dieses Deutschland einmal das leuchtende Land würde, das es heute ist. Anziehungspunkt für hunderttausende mehrheitlich junge Menschen aus aller Welt. Gott sei Dank, kann ich da nur sagen. Was für eine super Chance gerade auch für Landstriche, die unter Vergreisung und Abwanderung leiden. Vor kurzem sprach ich fernmündlich mit einer Brennholzfachkraft im Brandenburgischen und bat sie, selbstverständlich gegen Aufpreis, das Brennholz vor meiner Datsche während meiner Abwesenheit bitte nicht nur auszukippen, sondern auch hinter dem Haus im Unterstand zu stapeln. „Wir können nur kippen.“ Auf meine vorsichtige Anfrage, ob es denn nicht einen jungen Mann gebe, der sich etwas dazuverdienen wolle, antwortete sie: „Hier gibt’s keine jungen Männer.“ Case closed. Ähnliche Antworten – allerdings geschlechtsneutral – erhielt ich in den vergangenen Monaten auch vom örtlichen Klempner, dem Elektriker, dem Gartenbaubetrieb und natürlich auch in dem Krankenhaus, in das ich einen Freund brachte, nachdem er versucht hatte, mein Brennholz nicht nur zu stapeln sondern auch noch händisch zu verfeinern.
Nein – nicht alle, die zu uns kommen, sind Ärzte, Symphoniker, Spiele-Programmierer oder alles zusammen. Aber Brennholz stapeln und auch Anspruchsvolleres wird schon klappen. Und in dem Alter machen und kriegen die dann auch noch Kinder, was dafür sorgt, dass die Dorfkita nicht schließen muss, die Schule nicht schließen muss, der Bus weiter fährt, Geschäfte Geschäfte machen und so weiter und so fort. Toll.
Ich bin mir auch sicher, dass das mit der Integration besser klappt, jetzt, wo auch weite Teile der Union mit nur drei Jahrzehnten Verspätung kapiert haben, dass das wichtig ist. Und auch der Fortschritt hin zu einem vernünftigen Einwanderungsgesetz wird nicht mehr aufzuhalten sein. Diesbezüglich haben doch die Syrer in einem halben Jahr schon mehr geschafft als die Politik in den letzten 60 Jahren. Chapeau!
Ich hätte noch zahlreiche weitere Anmerkungen und natürlich ist mein Größenplan noch wesentlich umfangreicher als ich es hier zugeben kann. Aber schon jetzt wird, denke ich, für jeden klar: Mit diesem Plan ohne Plan wird Deutschland schon morgen glücklich, weltoffen, friedlich und optimistisch. Wir schaffen das! Du auch. Und Du und Du. Und Du da hinten erst! Jetzt müssen wir nur noch Fußballspielen lernen.